Komiker Jordan Peele legt mit „Get Out“ sein Regiedebüt vor: Es ist keine Komödie, sondern ein Horrorfilm, der sich mit dem unterschwelligen Rassismus liberaler Eliten befasst. In Übersee ein Sensationserfolg – zu Recht.
Der junge Mann ist nervös. Keine Ahnung, wie er sich in diese Gegend verirrt hat. Ein gefährliches Viertel, die Schatten haben Augen. Immer ruhig Blut, nur nicht auffallen. Hände in die Jackentaschen, gebeugter Gang, Blick in Richtung Boden. Ein Auto fährt vor – langsam und absichtsvoll, wie ein Raubtier vor dem Sprung. Drohende Musik schallt aus dem Inneren. Jetzt nur keine Dummheiten. Einfach weiterlaufen, auf keinen Fall umdrehen, Schritt für Schritt gen Sicherheit. Also gut: eine kurze Vergewisserung. Abgehängt! Glück gehabt, Schreck lass nach. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Alles ...
Nichts ist in Ordnung. Natürlich nicht – schließlich handelt es sich um ein Szenario, wie man es aus vielen Filmen (und womöglich auch aus der Wirklichkeit) kennt. Der Fremde im falschen Stadtteil, das Schäfchen im Dschungel der Nacht: Mit klassischem Spannungsaufbau, trügerischer Entwarnung und treffsicher zuschnappendem Schockeffekt. Ein Suspense-Exerzitium par excellence. Nur: Meist spielt es mit der Angst des behüteten Zuschauers vor dem sozialen Abseits. Studenten im unzivilisierten Hinterland. Touristen in rückständigen Regionen. Oder – jetzt wird's heikel – Weiße im schwarzen Ghetto. Das wissen die Macher von „Get Out“ nur zu gut.
Das Böse hinter betulichen Fassaden
Und machen es sich zunutze. Wie clever dieser ungewöhnliche Film ist, zeigt schon sein Einstieg. Er läuft wie oben beschrieben ab – nur ist der junge Mann ein Afroamerikaner (was dachten Sie?) und das gefährliche Viertel eine gepflegte, suburbane Reihenhausallee. Hübsch, keine Frage. Aber auch kein Grund, nicht auf der Hut zu sein.
Denn hinter betulichen Fassaden wuchert das Böse oft besonders wild. Was verdrängt wird, kehrt unweigerlich in monströser Form zurück. Davon zeugen etliche Horror- und Mysteryklassiker: „Rosemaries Baby“, „Die Frauen von Stepford“, Brian Yuznas „Society“, jeder zweite Film von David Lynch. Regiedebütant Jordan Peele nimmt sich diese Arbeiten zum Vorbild und nutzt ihr Mummenschanzmodell, um aufzuzeigen, wie Rassismus im postrassistischen Zeitalter funktioniert. Nicht der von Trump und Le Pen – da gibt es wenig zu erklären. Eher jener gebildeter Eliten: Ein „aufgeklärter“ Rassismus, der zum Teil nicht einmal den Diskriminierten selbst auffällt.
Anfänglich mutet alles geradezu idyllisch an in dieser Fortsetzung der auf einer Buchvorlage beruhenden Saga rund um skurrile Drachen und bärtige Wikinger. Im "weltweit ersten Drachen-Wikinger-Paradies" haben sich Menschen und Fabelwesen derart eingerichtet, dass ein friedvolles Miteinander möglich ist. Die Freude aber, die währt nicht lange; ein Bösewicht namens Grimmel macht Hicks und Co. das Leben schwer. Dazu kommt, dass sich Drache Ohnezahn gehörig verliebt hat: in ein Drachenmädchen. Länge: 104 minGenre: AnimationLink: Drachenzähmen leicht gemacht 3 (c) UPI
Heidi, der Animationsklassiker aus 1974 kommt nun digitalisiert in die Kinos. So können auch junge Generationen und ältere nostalgisch auf die Geschichte der kleinen Heidi blicken, die von ihrem Großvater in den Schweizer Alpen in die Megametropole Frankfurt zu ihrer Tante geholt wird, um der gehbehinderten Klara Gesellschaft zu leisten. Länge: 88 minGenre: AnimationLink: Heidi - Das Original aus 1974 (c) Einhorn
In "The Prodigy" erzählt von einem hochbegabten Buben, der wegen seiner besonderen Fähigkeiten schon früh auf sich aufmerksam macht. Miles aber, so der Name des Wunderjungen mit den verschiedenfarbigen Augen, ist nicht nur außerordentlich intelligent, er hat auch irgendetwas Böses in sich. Hat sich eine paranormale Kraft des Knaben ermächtigt? In ihrer Verzweiflung sucht seine Mutter (Taylor Schilling, "Orange Is the New Black") professionelle Hilfe. Länge: 80 minGenre: HorrorLink: The Prodigy (c) Rafy / Einhorn
War im ersten Teil aus dem Jahr 2014 noch der fiese Lord Business der Schurke, bekommen es die gelbköpfigen Spielzeughelden rund um den stets unsagbar gut gelaunten Emmet Brickowoski (im Original gesprochen von Hollywoodstar Chris Pratt) mit Invasoren aus dem All zu tun - mit Duplo-Figuren, die bekanntermaßen ebenfalls zu den Marken des Lego-Konzerns gehören. Länge: 107 minGenre: AnimationLink: The Lego Movie 2 (c) Warner Bros.
"Die Frau des Nobelpreisträgers" erzählt die Geschichte des Schriftstellers Joe Castleman (Jonathan Pryce) und seiner Ehefrau (Glenn Close, die dafür als heiße Oscar-Kandidatin gilt). Joe Castleman bekommt den - aus seiner Sicht hochverdienten - Literaturnobelpreis. Zusammen mit Joan und dem gemeinsamen Sohn David (Max Irons, Sohn von Jeremy), der ebenfalls Schriftsteller-Ambitionen hat, reist er zur Preisübergabe nach Schweden - und die Fassade des glücklichen Paares bekommt nach 40 Jahren Risse, auch weil es ein großes Familiengeheimnis verbirgt. Länge: 100 minGenre: DramaLink: Die Frau des Nobelpreisträgers (c) Constantin Film
Während die 12-jährige Jessica (Ella Frey) an so manchem Tick leidet, genießt ihre 15-jährige Schwester Sabrina (Emilia Bernsdorf) trotz schwerer Krankheit ihre verbliebene Lebenszeit. Dann jedoch verschlechtert sich Sabrinas Krankheitszustand - worauf die jüngere einen Plan ersinnt, um ihre Schwester zu retten: Sie müssen ein Ritual aus einem alten Buch ausführen. Dafür muss Sabrina allerdings auch Sex mit einem Burschen haben. Und so macht sich Jessica daran, einen potenziellen Bettpartner für ihre ältere Schwester zu finden. Länge: 95 minGenre: KomödieLink: Glück ist was für Weicheier (c) Filmladen
Der 1914 in Vilnius geborene, in Polen in liebevoller Obhut seiner fürsorglichen Mutter Nina aufgewachsene Romain Gary wurde später in Frankreich zum gefeierter Autor, Weltkriegsflieger, Diplomaten und Filmregisseur. Dabei entpuppte sich der glühende Ehrgeiz seiner alleinerziehenden Mutter, das Beste aus ihrem Sohn zu machen, als treibende Kraft für den jungen Romain. "Frühes Versprechen" erzählt die wechselvolle Geschichte dieser ungewöhnlichen Mutter-Sohn-Beziehung, die noch über den Tod hinausging. Charlotte Gainsbourg spielt diese Mutter, Pierre Niney den Sohn. Länge: 131 minGenre: BiografieLink: Frühes Versprechen (c) Julien Panié / Polyfilm
In "Green Book" schickt Komödienspezialist Peter Farrelly das Duo Viggo Mortensen und Mahershala Ali auf eine unterhaltsame, aber auch harte Reise. Nach wahren Begebenheiten begleitet man dabei den Jazzmusiker Don Shirley (Ali) auf seiner Tournee durch die Südstaaten der USA, wo er von seinem hemdsärmeligen Chauffeur Tony Lip (Mortensen) öfters aus der Patsche geholt wird. Ein Film über Rassismus und ungewöhnliche Freundschaften, der allen voran von seinen Hauptdarstellern lebt. Länge: 130 minGenre: Drama/KomödieLink: Green Book - Eine besondere Freundschaft>> Zur Presse-Filkritik (c) 20th Century Fox
Nach einer wahren Begebenheit spielt Clint Eastwood (der hier auch Regie führt) den Kriegsveteranen Leo Sharp, der im hohen Alter als Drogenkurier für ein mexikanisches Kartell Kokain in die USA schmuggelte. Der ergraute Rentner fällt den Fahndern zunächst nicht auf, die Drogenbosse bessern seine Kasse großzügig auf. Eastwood inszeniert "The Mule" als eine Mischung aus Roadmovie, Krimi und Familiendrama. Es ist sein erster Auftritt vor der Kamera seit "Back in the Game" im Jahr 2012. An seiner Seite spielen Bradley Cooper, Laurence Fishburn, Andy Garcia und Dianne Wiest mit. Länge: 117 minGenre: DramaLink: The Mule >> Zur Presse-Filmkritik (c) Warner Bros.
Für Mia, Protagonistin dieses Familienfilms, stehen Veränderungen an: Mit ihrer Familie zieht die Zehnjährige von London ins ferne Südafrika. Ihr Heimweh währt lange. Eines Tages aber erblickt auf der Farm der Eltern ein weißes Löwenbaby das Licht der Welt. Das besondere Tier weckt immer mehr Mias Interesse - schließlich entwickelt sich zwischen den beiden eine wunderbare Freundschaft. Charlie aber bleibt nicht immer so klein und süß; Mias Eltern sehen in dem ausgewachsenen Löwen gar eine potenzielle Gefahr. Länge: 84 minGenre: AbenteuerLink: Mia und der weiße Löwe (c) Constantin Film
In "Checker Tobi und das Geheimnis unseres Planeten" reist der KiKA-Moderator Tobias Krell rund um die Welt. Er steht am Krater eines grummelnden Vulkans, wird mit der bitteren Armut in Indien konfrontiert und taucht im Pazifik nach Fischen. Und er landet in Grönland, mitten in der endlosen Weite von Schnee und Eis, wo Wissenschafter erforschen, wie hoch und wie schnell der Meeresspiegel steigen wird. Kindgerecht und spannend erklärt der Film, dass es auf der Erde wunderschön ist, dass es gleichzeitig aber auch handfeste Probleme gibt. Die Klimaerwärmung etwa oder den Wassermangel in vielen Ländern. Länge: 84 minGenre: FamiliendokumentationLink: Checker Tobi und das Geheimnis (c) Johannes Obermaier / Filmladen
Was braucht ein guter Callboy? Wenn man schon nicht mit dem Aussehen punkten kann, dann sollte das beste Stück entsprechend ausgestattet sein. Auf dieser Schiene versucht sich der von Starkabarettist Thomas Stipsits gespielte Georgy Hillmaier in "Love Machine". Nachdem die Musikerkarriere nichts geworden ist, verdingt er sich eben als Prostituierter. Seine Schwester Gitti (Julia Edtmeier) ist die "Zuhälterin", dient ihr Beautysalon doch als ideale Werbeplattform. Als er sich jedoch in Fahrlehrerin Jadwiga (Claudia Kottal) verliebt, muss sich Georgy zwischen Liebe und Beruf entscheiden. Länge: 97 minGenre: KomödieLink: Love Machine (c) Felipe Kolm / Filmladen
Just als das Finale der Fußballweltmeisterschaft ansteht, verliert der portugiesische Fußballstar Diamantino (Carloto Cotta) seinen Vater - und sein magisches Mojo. Entsprechend hart fällt die Kritik der Medien aus - dabei möchte er doch eigentlich nur - von seinem Elfenbeinturm aus - die Welt verbessern. So tappst Diamantino von einem Fettnäpfchen ins nächste und sieht sich mit der realen Welt konfrontiert, die von Korruption, Flüchtlingselend und dem Aufstieg der nationalistischen Rechten in Europa geprägt ist. Ähnlichkeiten mit irgendwelchen portugiesischen Starfußballern sind in dieser überdrehten Komödie rein zufällig. Länge: 92 minGenre: Fantasy-KomödieLink: Diamantino (c) Stadtkino
Joels Leben ist nicht direkt der Hit, arbeitet er doch auf der Müllhalde in Fulton County. Umso mehr wird diese Existenz auf den Kopf gestellt, als die Exfrau des Eigenbrötlers verschwindet und Joel sich um den gemeinsamen Sohn Will kümmern muss, der mit seinen zehn Jahren bereits weit mehr als 100 Kilogramm auf die Waage bringt und wegen eines Traumas stumm ist. Immerhin Nachbarstochter Carla freundet sich aber mit dem verstörten Buben an und findet einen Zugang zu ihm. Joel indes beginnt Freude an seiner Vaterrolle zu empfinden - als die Behörden Will an eine Pflegefamilie vermitteln wollen. Länge: 98 minGenre: DramaLink: Weightless (c) Kinostar
Callboy mit Waschbärbauch und Drogenkurier mit Pensionistenausweis
Dafür bedient sich Peele der Prämisse eines kanonischen Hollywood-Versöhnungsdramas: „Rat mal, wer zum Essen kommt“ (1967) mit Sidney Poitier. Darin stößt eine Tochter aus gutem weißen Haus ihre Eltern mit einem schwarzen Verlobten vor den Kopf. Die Vorurteile weichen jedoch bald einem Happy End. In „Get Out“ wird der junge schwarze Fotograf Chris (Daniel Kaluuya) endlich bei der Familie seiner Freundin (Allison Williams, „Girls“) im großstädtischen Speckgürtel vorstellig. Er macht sich Sorgen – doch Ressentiments scheinen diesen Vorzeige-WASPs (White Anglo-Saxon Protestants) fremd. Der Vater ist Neurochirurg, die Mutter Psychotherapeutin. Klar, ihr ansehnliches Anwesen verströmt ungute Plantagenstimmung. Und die Dienerschaft ist schwarz – was für ein Klischee!
Aber Papa betört mit amerikanischer Freundlichkeit: Wie gern hätte er Obama noch ein drittes Mal gewählt! Tiger Woods? Riesenfan! Jesse Owens? Sowieso! Die Befürchtung eines täppischen Freundes von Chris, die reichen Weißen da draußen würden sich Schwarze als Sexsklaven halten? Ein lächerliches Hirngespinst. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Alles?
Mehr sollte nicht verraten werden. Wie „Get Out“ seine satirischen Zwiebelschichten entblättert, macht die Hälfte des Vergnügens aus. Das ausgeklügelte, bis ins Detail durchdachte Konzept des Films zeugt vom Sketch-Comedy-Hintergrund des Regisseurs: In der Show „Key & Peele“ nahm er die Fallstricke politischer Korrektheit ebenso aufs Korn wie Gegenwartsrassismen aller Art. Der Flirt mit dem Horrorgenre lag schon dort nicht fern: In einer Folge bricht eine Zombieepidemie aus, die beiden Helden laufen um ihr Leben – bis sie feststellen, dass weiße Untote nicht an schwarzem Hirn interessiert sind. Alte Gewohnheiten!
Mehr Sozialkritik als Kino
Zombies kommen in „Get Out“ keine vor. Dennoch steht er in der Tradition von „Die Nacht der lebenden Toten“. Auch George Romeros Gruselgroßtat hatte einen schwarzen Protagonisten und politisches Bewusstsein. Doch während sie sich in erster Linie als Kino verstand, und nur sekundär als Sozialkritik, verhält es sich mit Peeles Werk genau umgekehrt – und das ist seine einzige Schwäche. Alles dient der Idee. Jede Pointe sitzt, doch außer Pointen nimmt man wenig mit.
Unheimlich ist der Film allemal, aber nicht wirklich verstörend. Es gibt ein paar interessante visuelle Einfälle (besonders eine Hypnose-Sequenz bleibt in Erinnerung), doch die glatte Normästhetik springt nur selten über ihren Schatten. Zuvorderst erscheint „Get Out“ als Diskursobjekt – vielleicht mit ein Grund für seinen Sensationserfolg in den USA. Nicht falsch verstehen: Dieser Erfolg sei ihm mehr als vergönnt. Auf dem Horrorfließband der Traumfabrik findet sich nur selten Vergleichbares. Also nichts wie raus. Und ab ins Kino.