"#SheKnew": Der Hass auf die angebliche "Mitwisserin" Meryl Streep

Screenshot: Twitter/Mike Cernovich
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Die Schauspielerin ist mit dem Vorwurf der Heuchelei konfrontiert: Sie habe von Harvey Weinsteins Verhalten gewusst, suggerieren jetzt auch eine rechte Plakatkampagne in Hollywood und ein Hashtag auf Twitter. Streep weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Sie hängen in der Umgebung des „Walk of Fame“ am Hollywood Boulevard, vor dem Hauptquartier der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA, nahe des Studios von 20th Century Fox und in der Gegend in Pasadena, in der der Meryl Streep wohnt: Schwarz-weiße Plakate, die die oscarprämierte Schauspielerin an der Seite von Harvey Weinstein zeigen, über ihren Augen liegt ein roter Balken: „She knew“. Streep habe von den jahrelangen sexuellen Belästigungen, mit denen der Hollywood-Produzent Frauen terrorisiert und eingeschüchtert habe, gewusst, will die Plakatkampagne verdeutlichen – was Streep entschieden zurückweist.

Rache gegen Trump-Gegnerin Streep

Hinter der Kampagne steckt laut dem britischen „Guardian“ ein rechter Guerrilla-Künstler, der sich Sabo nennt. Er erlangte während des Präsidentschaftswahlkampf Bekanntheit, als Poster mit Slogans gegen Demokraten und für Donald Trump aus öffentliche Plätze in Los Angeles tapezierte, und positionierte sich als eine Art „Alt-Right“-Version von Banksy. Seine jetzige Kampagne gegen Streep sei eine Racheaktion, weil diese mit ihrem aktuellen Film „The Post“, der gerade in den USA anläuft und als aussichtsreicher Oscar-Kandidat gilt, Trump verunglimpfe: „Sie greift uns an, also schlagen wir zurück.“

Im Interview mit dem „Guardian“ gibt er zwar zu, nicht sicher wissen zu können, ob Streep in Weinsteins angeblichen Missbrauch tatsächlich eingeweiht war, zögert aber nicht, mit wilden Vorwürfen um sich zu werfen: „Ich glaube, sie wusste davon. Vielleicht hat sie Weinstein frisches Fleisch geliefert.“

Auf Twitter werden unter dem Hashtag „#SheKnew“ mittlerweile zahlreiche Anschuldigungen und Hassbotschaften verteilt – nicht nur gegen Meryl Streep, auch gegen andere Branchenvertreter, die mit Harvey Weinstein zusammengearbeitet haben. Aber auch Kritik gegen den neuen Hashtag wird laut: „#SheKnew ist nur eine weitere Art, Frauen für die Verbrechen von Männern zu beschuldigen“, twittert eine Person, eine andere schreibt: „Frauen, die nicht belästigt wurden für die Taten der Belästiger beschuldigen? Das ist klassisches Gaslighting.“ (Gaslighting beschreibt eine Form emotionaler Manipulation, bei der der Täter die Wahrnehmung einer Person so lange in Frage stellt, bis diese selbst daran zweifelt – der Begriff ist dem Theaterstück „Gaslight“ entlehnt.)

Rose McGowan: „Ich verachte eure Scheinheiligkeit“

Streep ist jedenfalls bereits seit einigen Tagen unter Beschuss: Nach ihrer Ankündigung, bei der kommenden Golden-Globe-Verleihung aus Solidarität mit Belästigungsopfern Schwarz zu tragen, wurde sie von ihrer Schauspielkollegin Rose McGowan heftig kritisiert. McGowan, die Weinstein Vergewaltigung vorwirft, beschuldigte Streep in einem mittlerweile gelöschten Tweet der Heuchelei: „Schauspielerinnen wie Meryl Streep, die gerne für das Schweinemonster gearbeitet haben, tragen Schwarz aus schweigendem Protest. Euer Schweigen ist das Problem. Ihr akzeptiert einen Fake-Award und bewirkt keinen echten Wandel. Ich verachte eure Scheinheiligkeit.“

Streep, die für den von Weinstein produzierten Film „The Iron Lady“ einen Golden Globe gewann und Weinstein in ihrer Dankesrede als „Gott“ bezeichnete, beteuert stets, von seinem sexuellen Verhalten nichts gewusst zu haben. „Ich möchte sie wissen lassen, dass ich nichts von Weinsteins kriminellen Taten wusste“, richtete sie in einem Statement McGowan aus. „Ich habe nicht vorsätzlich geschwiegen. Ich wusste es nicht.“ McGowan stellte später auf Twitter klar: Sie habe nicht behauptet, dass Streep von der Vorfällen gewusst habe.

„Nicht alle wussten davon“

Schweigen im Angesicht der Enthüllungen kann man Streep allerdings kaum vorwerfen: „Die unerschrockenen Frauen, die ihre Stimme erhoben haben, um dieses Missbrauch öffentlich zu machen, sind unsere Helden“, schrieb sie bereits im Oktober im einem Statement in der „Huffington Post“. Darin ging sie auch auf die Frage ein, wie bekannt die Vorfälle in der Branche waren. Weinstein habe sie in ihrer Berufsbeziehung zwar verärgert, aber immer mit Respekt behandelt, schrieb sie. „Eines kann klargestellt werden: Nicht alle wussten davon.“

(kanu)

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