„Ein wichtiges Stück Zeitgeschichte“

„Europa muss sich als Medienstandort kämpferischer positionieren“, sagt Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), zuständig für Kultur, Medien.
„Europa muss sich als Medienstandort kämpferischer positionieren“, sagt Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), zuständig für Kultur, Medien. (c) GEORG HOCHMUTH / APA / picturede (GEORG HOCHMUTH)
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Interview. Bei der Berlinale traf „Die Presse“ Kulturminister Gernot Blümel, der keine Kürzungen im Kulturetat hinnehmen will und von Ruth Beckermanns Film beeindruckt war.

Die Presse: Das ist Ihre erste Berlinale als Kulturminister. Beeindruckt, gestresst, verwundert?

Gernot Blümel: Beeindruckt bin ich von der Lebendigkeit und Konzentration der Filmszene. Für uns Österreicher ist die Berlinale neben der Biennale das wichtigste Filmfestival. Es ist schön, so viele außerordentliche Beiträge aus Österreich hier zu sehen und den Applaus für die Filmschaffenden zu erleben.

Wie allen Kulturschaffenden ist die Sorge um ausreichende Finanzierung auch in der Filmindustrie omnipräsent. Die österreichische Filmförderung ist ohnehin ein sensibles Thema. Ich nehme nicht an, dass Sie mit fixen Zusagen im Gepäck reisten?

Die Kultur ist nicht nur eine politische Aufgabe für mich, sondern ein Herzensanliegen. Ich werde in den laufenden Budgetverhandlungen zu erreichen versuchen, dass der Kulturetat keinesfalls gekürzt wird.

Für den Kanzleramtsminister mit der Kompetenz über die Regierungskoordination sollte diese Nichtkürzung leicht zu erreichen sein, oder?

Sie überschätzen meine Rolle. Meine Aufgaben sind das Koordinieren der Regierung, die EU-Politik, die Kultur- und Medien-Agenden, nicht das Geldausgeben. Das sind harte Verhandlungen. Und wir werden die notwendigen Einsparungen bringen, allerdings möchte ich diese durch Sparen bei uns selbst in der Verwaltung erreichen.

Sie haben sich Ruth Beckermanns Dokumentation über Kurt Waldheim angesehen. Es war das Porträt über einen Politiker, der jedenfalls nicht die Wahrheit sagte. Wie fanden Sie den Film?

Es ist ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Ruth Beckermann macht selbst transparent, dass sie damals als Aktivistin gegen Waldheim demonstrierte. Der Blick aus diesem Winkel hat mich sehr interessiert. Die Originalaufnahmen haben mich verblüfft, die Sprache, der Journalismus und die politische Argumentation haben sich deutlich verändert. Mir hat es geholfen, dieses Stück Zeitgeschichte besser zu verstehen, denn ich war zu dieser Zeit erst fünf Jahre alt.

Im anderen bejubelten Film österreichischer Provenienz, „L'Animale“, geht es um orientierungslose und gelangweilte Jugendliche in Niederösterreich. Ihre Jugend ist nicht so lange her, und Sie sind außerhalb Wiens aufgewachsen. Konnten Sie sich hineinversetzen?

Ich kenne sogar manche der Drehorte nahe von Wien, etwa den Club, in dem die Protagonisten feiern, aus meiner Jugend. Diese war aber dann schon mehr von der Politik geprägt. Wenn Sie mich nun alle Filme abfragen, werde ich mit Regisseuren, deren Filme ich aus Zeitgründen nicht gesehen habe, ein Problem bekommen.

Sie haben auch den Springer-CEO Mathias Döpfner getroffen. Worum ging es? Europas Kampf gegen Google und Co.?

Wie Sie wissen, war das Gespräch vertraulich. Nur soviel: Mathias Döpfner und wir teilen Positionen, wie wir uns in Europa als Medienstandort selbstbewusster und kämpferischer positionieren müssen.

Während wir hier in Berlin reden, gibt es in Wien Aufregung um die neue Zwei-Drittel-Mehrheit der Regierungsparteien im ORF-Stiftungsrat. Eine Normalität oder der Griff zur Macht im unbequemen Staatssender?

Ganz einfach ein Resultat des Wahlergebnisses und der Regierungsbildung. Denn davon leitet sich die Zusammensetzung des Stiftungsrates ab. Jetzt genauso wie in den Vorgängerregierungen.

Die Bestellung eines Stiftungsrates als Nachfolger von Franz Küberl wurde mit dem Wiener Kardinal abgesprochen. Das steht so aber nicht im Konkordat?

Das tatsächlich nicht. Aber es ist gute Tradition, dass die Kirche im Stiftungsrat vertreten ist, und das wollen wir auch beibehalten. Man wird einen gemeinsamen Vorschlag einbringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2018)

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