Kinderfilmfestival: „Danke für den schönen Film“

„Ich Bin Wil­liam“. Skurrile dänische Komödie mit ernstem  Hintergrund.
„Ich Bin Wil­liam“. Skurrile dänische Komödie mit ernstem Hintergrund.(c) SF Studios
  • Drucken

Das Kinderfilmfestival feiert 30. Geburtstag. Über Diebesgut in Filmen und Mikrofone im Kinosaal.

Christine Nöstlingers „Die drei Posträuber“ aus dem Jahr 1998 ist einer der wenigen Filme, die heuer ein zweites Mal beim Kinderfilmfestival zu sehen sein werden – in memoriam der Schriftstellerin, die am 28.  Juni verstorben ist. „Und auch, weil das Festival 30-Jahr-Jubiläum feiert“, sagt Martina Lassacher, die seit 1993 dabei ist. „Der Film ist eine der besten Nöstlinger-Verfilmungen und auch nach zwanzig Jahren noch total frisch und witzig.“

Das Kinderfilmfestival ist 1988 aus einer Not heraus entstanden. „Es gab für Kinder keine richtigen Filme im normalen Kino. Nur Disney-Klassiker wie ,König der Löwen‘ und so, aber diese Filme sind eigentlich nicht wirklich kindgerecht,“ meint die Literaturwissenschaftlerin. Lassacher arbeitete damals in einem Innsbrucker Arthouse-Kino und vermisste hochwertige Kinderfilme. Sie begann, Kinonachmittage mit Einführungen für Kinder zu organisieren. Franz Grafl und Michael Roth taten dasselbe in Wien. So entstand der Anfangskontakt, der in eine Zusammenarbeit mündete. Die Festivalleitung ist ein eingeschworenes Team: Franz Grafl, Martina Lassacher, Elisabeth Lichtkoppler, Michael Roth. Zu tun gibt es genug: Übers Jahr werden Kinder- und Jugendfilme bei verschiedenen Festivals gesichtet. „Wir fahren nach Berlin, Cannes, nach Zlin in Tschechien, das ist das älteste Festival, nach Chemnitz, Kopenhagen und München. Nach dreißig Jahren sind wir aber auch schon so bekannt, dass wir viele Filme zugeschickt bekommen“, sagt Lassacher. Rund hundert Filme schauen sie sich zu viert an, sechzehn werden heuer beim Festival gezeigt. „Ich bin sehr streng bei der Filmauswahl“, sagt Lassacher. „Für die neuen Medien habe ich eine Helferin. Damit fange ich nicht so viel an. Ich weiß zum Beispiel nicht, was ein V-Log ist.“ „100 % Coco“ ist ein Film, der sich den neuen Medien und ihren Gefahren widmet.

Die Strenge bei der Auswahl macht sich bezahlt: Lassachers Qualitätsanspruch deckt sich mit dem der Kinder. „Teilweise kommen die Kinder im Kino zu mir und sagen: ,Danke für den schönen Film!‘“ Auch die Zahlen sprechen für sich: „Wir haben zwischen 7000 und 7500 Besuchern in neun Tagen.“ Die Filme sind sehr international: Kenia, Indien und Argentinien sind vertreten, Norwegen, Dänemark, Schweden und viele mehr. Wie geht das mit der Sprache? „Die meisten Filme werden im Original gesendet und wir sprechen sie ein. Das heißt, einer von uns sitzt mit Mikrofon im Kino und spricht den deutschen Dialog dazu. Das kommt bei den Kindern sehr gut an. Für uns ist das auch gar keine Notlösung, wir finden es wichtig, dass die Kinder den Originalton hören.“

Filme über das Erwachsenwerden. Am schwierigsten sei die Filmauswahl für größere Kinder ab 11, 12 Jahren. „Da sind Kinderfilme nicht mehr interessant. Wir haben drei spannende Filme über das Erwachsenwerden: ,Don’t talk to Irene“, ,Ein schwerer Rucksack‘ und „Der Untergang Spartas‘.“ Ein wesentlicher Teil des Festivals sind die Begleitveranstaltungen: Es gibt einen Workshop zum Thema Filmmusik, einen theaterpädagogischen Workshop für Schulen, Filmhefte zu allen Filmen und das Angebot von Filmgesprächen in der Schule. „Da gehen wir in die Klassen und sprechen mit den Kindern über inhaltliche und formale Qualitäten.“

Gibt es einen Lieblingsfilm? Lassacher: „Ja, das ist heuer ,Ich bin William‘, ein dänischer Film für Kinder ab acht Jahren. Williams Mutter ist psychisch krank, und so kommt der Bub in die Obhut seines Onkels. Der lebt von der Sozialhilfe und handelt mit Diebesgut. Der Film ist aber kein Sozialdrama, sondern eine herrlich skurrile Komödie über den Prozess, zu dem zu werden, der man schon ist. Ernste Themen so lustig aufzuarbeiten und sich dabei nicht lächerlich zu machen, das können nur die Dänen.“

Tipp

30. Internationales Kinderfilmfestival. 17. bis 25. November, Cine Center, Cinemagic, Votiv Kino, www.kinderfilmfestival.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.