Genialer Sherlock, versoffener Schnüffler: Eine kleine Typologie der Filmdetektive

Die meisten Detektiv-Archetypen aus Film und Fernsehen fußen auf literarischen Pendants.
Die meisten Detektiv-Archetypen aus Film und Fernsehen fußen auf literarischen Pendants. APA/EPA/ANDY RAIN
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Die Detektiv-Figur mag in Zeiten von Verschwörungstheorien und Geheimdienstaffären etwas altbacken wirken, doch sie lockt sie nach wie vor Menschen ins Kino. Etwa in die neue Agatha-Christie-Verfilmung „Das krumme Haus“.

Was ist ein Detektiv? Ganz klar: Ein sprechendes Fahrrad im Faschingskostüm. Wer als Kind jeden Samstag vor dem Fernseher pickte, um dabei zu sein, wie Tom Turbo knifflige Fälle löste, empfand dessen Abenteuer als das Natürlichste der Welt. Warum sollte sich ein „Drahtesel“ nicht als Detektiv gerieren? Schließlich wurde man am Ende jeder Folge von Thomas Brezina selbst zum Ermittler geadelt: „Detektive, bleibt auf der Spur!“ Ein Detektiv, so die kindliche Vorstellung, war schlicht jemand, der seiner Neugierde nachging – im Grunde konnte jeder diese Rolle füllen. Polizisten hatten zwar auch ihren Reiz, waren aber mit Erkennungszeichen versehen, die sie unmissverständlich der Sphäre erwachsener Autorität zuordneten. Zum Polizeispiel bedurfte es williger Verbrecher; um sich als Detektiv zu fühlen, brauchte man nicht viel mehr als sich selbst, Fantasie und Beobachtungsgabe.

Zufallsdetektivin. Angela Lansbury ließ sich in „Mord ist ihr Hobby“ in Fälle verwickeln.
Zufallsdetektivin. Angela Lansbury ließ sich in „Mord ist ihr Hobby“ in Fälle verwickeln.(c) CBS via Getty Images

Dies ist vielleicht der Grund, warum die Detektivfigur in der Populärkultur stets schemenhaft geblieben ist. Eine Konstellation von Klischees, ja – aber kein klar konturiertes Bild. Prägend für ihre Ausformungen im Film war freilich die Krimi-Literatur, dank früher Geburt und der relativen Bedürfnislosigkeit des Genres in Bezug auf Schauwerte immer ein paar Schritte voraus. Will man Koordinaten abstecken, muss man hier ansetzen: Die meisten Detektiv-Archetypen aus Film und Fernsehen fußen auf literarischen Pendants. Ein solches ist der geniale Intellektuelle, perfekt versinnbildlicht durch Sherlock Holmes: Ein Systemdenker, der Fälle von oben herab löst, als wären sie Zauberwürfel – und dabei nur selten in die Schusslinie gerät. Das Kino kennt schon so viele Holmes-Inkarnationen, dass eine ernstliche Auseinandersetzung mit ihnen jeden Rahmen sprengen würde. Gesagt sei nur, dass alle einen anderen Aspekt betonen; jüngst vor allem den der Allmachtsfantasie, die im Traum vom Deduktionskapazunder steckt: Guy Ritchies Holmes-Blockbuster machen ihre Hauptfigur zum Superhelden, der Attacken seiner Gegner vorhersagen kann, die britische Serie „Sherlock“ akzentuiert das Soziopathische ihres Antihelden. Die womöglich „klassischste“ Version der Figur stammt hingegen aus Russland: Wassili Liwanow brilliert in einer sowjetischen TV-Film-Reihe aus den 1980ern als netter Holmes von nebenan.

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