Souveränes Debüt mit mitreißendem Gustav Mahler

(c) Clemens Fabry
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Der Israeli Lahav Shani dirigierte erstmals die Wiener Philharmoniker.

Sein erfolgreiches Wien-Debüt hat er als Einspringer im vergangenen Mai am Pult der Wiener Symphoniker im Konzerthaus feiern können. Nun aber holten auch die Wiener Philharmoniker den 26-jährigen, international bereits sehr gefragten Dirigenten Lahav Shani auf das Podium – als Ersatz für den erkrankten Franz Welser-Möst im „Presse“-Konzertzyklus des Musikvereins. Das Programm wurde auf jene Werke geändert, mit denen Shani vor zwei Jahren bei Israel Philharmonic einen Triumph errungen hatte: Bachs d-Moll-Klavierkonzert BWV 1052 mit ihm selbst am modernen Flügel und die 1. Mahler-Symphonie. Eine gewiss kluge Wahl.

Durch keinerlei merkliche Nervosität gehemmt, scheint es dem ausnehmend begabten jungen Shani einfach um lebendiges Musizieren zu gehen – mit Gedankenfundament. Ein vom Instrumentarium historisch nicht „korrekter“ Bach wird nicht bloß drauflos gespielt, sondern aus romantischem Blickwinkel neu erfunden: mit frischen Tempi, federndem Drive und atmender Phrasierung. Fein, wie Shani auf das ineinandergreifende Pingpong der Violingruppen links und rechts reagierte, wie er mit dem Solocello intime Dialoge führte – und auch dort die Zügel straff hielt, wo er pianistisch alle Hände voll zu tun hatte.

Mahlers „Erste“ hat Tücken, doch könnte man sie als leicht zu realisierendes Erfolgsstück einstufen. Shani schürft tiefer, führt echte Klangregie im dramatischen Trubel fulminanter Steigerungen beim Aufbau und in der Gegenrichtung: Die hochmotivierten Philharmoniker beschenkten ihn mit intensiven, traumhaft schönen Pianissimophrasen, etwa in den Trios der Binnensätze. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)

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