Boltons letzte Mozart-Matinee

Ivor Bolton.
Ivor Bolton.(c) APA/BARBARA GINDL
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Bläserglück mal vier sowie packend-zupackende Mozart-Symphonien mit Ivor Bolton und dem Mozarteumorchester Salzburg.

Noch haben wir Glück: Solange über der Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester Es-Dur KV 297b ein „möglicherweise von Mozart“ steht, lässt sich diese herrliche Musik mühelos programmieren – und selbst ein „vermutlich nicht von Mozart“ ginge wohl noch durch. Sollte aber einmal der Name des Unbekannten ausgeforscht werden, der hier ein Mozart'sches Original bearbeitet oder überhaupt gar in dessen Stil geschrieben haben dürfte (wenn das denn möglich wäre), dann könnte alles vorbei sein: Man denke nur an die ominöse 37. Symphonie G-Dur KV 444, die aus den Konzertsälen verschwunden ist und auch aus Aufnahmezyklen verbannt wurde, nachdem sich herausgestellt hatte, dass nur deren langsame Einleitung von Mozart stammte, der Rest aber eine für Wiener Zwecke aufbereitete Symphonie seines geschätzten Kollegen Michael Haydn war.

Ein Glück ist es auch, wenn ein so formidables Solistenquartett zur Verfügung steht wie bei dieser Mozart-Matinee: Sasha Calin, Christoph Zimper, Zoltán Mácsai und Riccardo Terzo musizierten so einträchtig, geschmeidig und virtuos sowohl untereinander als auch mit dem Mozarteumorchester unter Ivor Bolton, dass Spielfreude und Ausdruckskraft wie von selbst verschmolzen. Die wechselnden Farbkombinationen der Soli im ersten Satz, das verträumte Adagio, die von Bolton beinah jazzig interpretierte Lässigkeit der Final-Variationen, sie fanden auf das Schönste zueinander – und suggerierten eine Atmosphäre von opernhafter Grandeur.

Überhaupt war die große (Bühnen-)Geste ein Leitmotiv des Vormittags, atmen doch sowohl die C-Dur-Symphonie KV 200, die abschließende „Linzer“ und zumal die ouvertürenartige Symphonie KV 318 regelrecht Theaterluft. Bolton, der mit dieser Saison nach zwölf Jahren scheidende Chefdirigent des Mozarteumorchesters, war denn auch wie gewohnt bemüht, alle Details effektvoll ins Rampenlicht zu rücken. Sein beherzter Zugang rührt von der historisch informierten Aufführungspraxis her, bindet in zügigen Tempi teils deftig auftrumpfende Fanfarenwirkungen (mit treffsicheren vier Naturhörnern in KV 318) in dynamisch schattierte Tuttiabschnitte ein und balanciert sie mit beschwingten Piano-Phrasen aus. Allerdings wünschte man sich in den Augenblicken höchster Kraftentfaltung eine stärkere Streicherbesetzung, etwa im Finale der „Linzer“. Dennoch und zurecht: Jubel und Dankbarkeit, im Publikum ebenso wie zwischen dem künftigen Ehrendirigenten und seinem „alten“ Orchester.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2016)

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