Staatsoper

Domingo fesselt auch als Bariton

Lasziv und höchst emotional: Elena Zhidkova als Eboli mit Plácido Domingo als Posa.
Lasziv und höchst emotional: Elena Zhidkova als Eboli mit Plácido Domingo als Posa.(c) Staatsoper/Michael Pöhn
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Als Don Carlo hatte der Tenor vor 50 Jahren seinen ersten Auftritt im Haus am Ring. Nun gab er, an der Seite von Ramón Vargas, in Verdis Oper als Bariton den Posa.

Fast auf den Tag genau 50 Jahre nach seinem ersten Auftritt als Don Carlo (am 19. Mai 1967) betrat Plácido Domingo am vergangenen Sonntag wieder für eine Aufführung der Verdi-Oper die Bühne der Wiener Staatsoper. Diesmal feiert der zum Bariton mutierte Künstler sein Debüt in der Partie des Marquis Posa. Sein jüngerer Kollege Ramón Vargas stand ihm in bewährter Manier in der Titelpartie zur Seite. Zwar bot die 25. Aufführung der Inszenierung von Daniele Abbado erwartungsgemäß immer noch wenig Spektakuläres, dennoch konnte sich zwischen den „beiden Tenören“ glaubwürdig jene tiefe Freundschaft entwickeln, die sie sogar bis in den Tod verbindet.

Das erste Duett im Kreuzgang von San Yuste klang allerdings noch etwas hölzern. Fehlte es den beiden sonst so agilen und kräftigen Stimmen etwa an Resonanzraum? Oder hatte Myung-Whun Chung am Dirigierpult des Orchesters gar zu früh volle Fahrt aufgenommen?

Höhepunkt des Abends: Treueschwur

Wie auch immer, spätestens bis zum Ende des zweiten Aktes und dem berührenden „Dio, che nell'alma infondere“ hatte man sich so weit arrangiert, dass die Reprise des gegenseitigen freundschaftlichen Treueschwurs zum Höhepunkt des Abends wurde. Der Rolle entsprechend wich Domingos Posa verletzt zurück, als er einen Vertrauensbruch durch den Freund witterte, öffnete diesem dann aber in einer großen Geste verzeihend die Arme. Auch gesanglich fand man zueinander: Vargas' Infant klang insgesamt melancholisch, jedoch durchwegs jugendlich. Domingos Bariton stand ihm an Präzision in nichts nach und fesselte das Publikum mit scheinbar müheloser Agilität.

Kühler, wenn man so will: erwachsener modellierte Krassimira Stoyanova die Elisabetta, die angesichts der Lockungen ihres Geliebten ihre königliche Würde zu wahren wusste und nur subtile Zeichen der Zuneigung setzte. Das offene Liebesgeständnis ihres nunmehrigen Stiefsohns strafte sie geradezu durch offen zur Schau getragene Distanz, würdigte es mit keinem einzigen tiefen Blick. Umso bewegender dann die meisterlich gesungene, anspruchsvolle Schlussarie – im Monolog offenbart sich die große Seele in freier melodischer Entfaltung, während es ihr zuvor im Zorn über die Machenschaften der Prinzessin Eboli beinahe die Kehle zuzuschnüren schien.

Elena Zhidkova verkörperte die Gegenspielerin der Königin lasziv und höchst emotional. Dass ihr im Schleierlied der Übergang von der Kopf- zur Bruststimme Probleme bereitete, wusste sie mit verführerischen Bewegungen theatralisch geschickt zu kaschieren. Triumphierend dominierte ihr kräftiger Mezzosopran hingegen das Terzett mit Carlos und Posa. Da kontrollierte sie noch in der höchsten Erregung ihre Tongebung exakt.

Übertroffen wurde sie in Sachen perfekter Beherrschung vokaler Leidenschaften lediglich vom kernigen und intensiven Timbre Ferruccio Furlanettos, das ideal mit dem zarten, wunderschön phrasierten Cellosolo zu „Ella giammai m'amò“ harmonierte. So recht wollte man im Anschluss daran die Unterwerfung dieses Königs Philipp durch den Großinquisitor nicht glauben – trotz der imposanten Aufmachung von Alexandru Moisiuc als nordische Gottheit, inklusive langer blonder Perücke.

Zwar galt ein Großteil des schier nicht enden wollenden, tosenden Applauses nach dem Finale dem Jubilar Domingo. Verdient haben ihn jedoch auch die übrigen Solisten dieser überragenden Besetzung und nicht zuletzt das Orchester, das unter Chungs souveräner Leitung bald zur Höchstform auflaufen konnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2017)

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