"Lear“ bei den Salzburger Festspielen: Bier, Regen und Blut in Strömen

(c) Thomas Aurin (Thomas Aurin)
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Regisseur Simon Stone erzählt den „Lear“ als Geschichte von heute. Das Werk wird zu einem Triumph zeitgenössischen, schonungslos expressiven Musiktheaters.

„Vater, erkenne die Ohnmacht deiner Lage.“ So sachlich klingt die Häme, mit der Goneril den Ex-König Lear in die Schranken weist – jene Tochter, die vorgeblich sogar die Mutter für ihn verraten hätte vor lauter Liebe. Aber wer die Erbschaft schon in der Tasche hat, muss nicht mehr heucheln. Evelyn Herlitzius mischt ihren Worten mit hochdramatisch loderndem Sopran gehörig Vitriol bei – und Lear zuckt und taumelt unter den einzelnen Orchesterschlägen, die auf ihn niedersausen wie Axthiebe.

Dirigent Franz Welser-Möst weist der Gewalt ihr Ziel: Unter seiner präzisen Leitung rotten sich das Blech im Graben und das Schlagzeug, auf einem eigenen Balkon rechts über dem Eingangsportal der Felsenreitschule postiert, zu schonungslosen Attacken zusammen; Fanfaren kreischen, in den Streichern türmt sich ein Cluster auf: Lears tiefer Fall hat längst begonnen. Noch trägt der grandiose Gerald Finley das weiße Smokingjackett des Königs, derangiert durch die wüsten Orgien, die sich ein Potentat seines Ranges leisten kann, immer leisten konnte. Bald schon wird er sich in Unterwäsche im feuchten Dreck wälzen . . .

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