Nachruf

Er war der ideale Kapellmeister in allen Opernlagen

Jesús López-Cobos (Archivbild)
Jesús López-Cobos (Archivbild)imago/Agencia EFE
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Zum Tod von Jesús López-Cobos, der am Freitagmorgen im Alter von 78 Jahren seinem langen Leiden erlag.

Fast 100 Mal ist der spanische Maestro am Pult der Wiener Staatsoper gestanden, zuletzt am 8. Jänner, schon gezeichnet von seiner Krankheit und nicht mehr der souveräne Opernkapellmeister, als den man ihn über Jahre hin geschätzt hat. Die kommende Aufführungsserie von Verdis „Aida“ sagte Jesús López-Cobos schon nach dieser auch für ihn irritierenden Puccini-Erfahrung ab. An Premierenabenden (2013 bei „Cenerentola“ und 2015 bei „Don Pasquale“), aber auch im Repertoire war er zuvor stets ein absolut sicherer Maestro di concertatore e direttore gewesen.

In Wien kannte man ihn seit 1980, vornehmlich im italienischen, hie und da auch im französischen Fach, doch reichte López-Cobos' Bandbreite viel weiter, war er doch nicht nur ausgebildeter Kapellmeister, der sein Handwerk bei den beiden begehrtesten Professoren, Franco Ferrara und Hans Swarowsky, erlernt hatte, sondern auch studierter Philosoph, der die Universität von Madrid mit dem Doktortitel verließ. Als Musiker war er zunächst Autodidakt, dessen Talent freilich von beiden Dirigierlehrern erkannt und gefördert wurde, bis die Karriere mit einem ersten Preis beim Wettbewerb von Besançon und dem Operndebüt am venezianischen Teatro La Fenice begann.

Die Texte deutschsprachiger Opern kannte er perfekt – das machte ihn zum gesuchten Partner für Sänger aller Sparten an allen bedeutenden Bühnen von der Met über Covent Garden, die Scala und die Pariser Opéra bis nach Fernost. In den 1980er-Jahren prägte López-Cobos als Generalmusikdirektor das musikalische Antlitz der Deutschen Oper Berlin, ab 2003 des Teatro Real im heimatlichen Madrid, wo ihn ein neues Regime zu desavouieren versuchte, was freilich dem internationalen Ansehen eines so lang erfolgreich tätigen Künstlers nicht schaden konnte. Weiterhin stand der Dirigent am Pult der wichtigsten Orchester – auch auf den Podien in Europa und in den USA.

Wie tief die musikhistorischen Kenntnisse von López-Cobos gingen, ließ sich daran ablesen, dass er selbst im klassisch-romantischen Kammerorchester-Repertoire firm war, wovon die Programme des Kammerorchesters von Lausanne Zeugnis ablegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2018)

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