Heinrich Kraus, Theatervollblut und Philanthrop

Heinrich Kraus.
Heinrich Kraus.(c) APA/HERWIG PRAMMER
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Zum Tod des bis zuletzt umtriebigen Wiener-Burgtheater- und Josefstadt-Direktors und großen Versöhners.

Streiten konnte man mit ihm nicht. Zum einen, weil er gar nicht anders konnte als auf jegliche Art von Aggression mit versöhnlicher Überzeugungsarbeit zu reagieren. Zum anderen, weil in Wien wirklich jedermann wusste, dass man bei jeder argumentativen Auseinandersetzung mit diesem Mann den Kürzeren ziehen musste: Heinrich Kraus' profunde Bildung, seine g'standene Professionalität im Theatermetier, sie waren legendär.

Und wie jegliche Kompetenzballung gespeist durch jahrelange Aufbauarbeit. Wenn es je einen Impresario gegeben hat, der sein Handwerk von der Pike auf gelernt hat, dann war das Kraus. Als Enkelsohn des k. u. k. Tiergarten-Direktors von Schönbrunn im kultivierten Alt-Wiener Haushalt aufgewachsen, wusste er anschaulich zu berichten – vom Brand des Justizpalastes oder vom Bombardement der Wiener Oper; aus eigener Anschauung! Und er war tatkräftig schon mit von der Partie, als es 1945 galt, den Wiener Kulturbetrieb wieder aufzubauen.

So entstand seine Freundschaft mit Ernst Haeusserman, seine verehrungsvolle Verbindung zu den alten Burgtheater-Größen und vor allem seine väterliche Zuneigung zu jenen, die nachkamen und die alle, alle, alle von ihm unendlich profitierten. Ob es galt, Tourneen zu organisieren, einen Spielplan zu erstellen, einen neuen Direktor zu finden oder schnell selbst die sprichwörtlichen Kohlen aus dem Feuer zu holen. Heinrich Kraus wusste, wie es ging: Sein Elan, seine Hilfsbereitschaft, sie haben ihn bis zuletzt nicht verlassen. Der große Wiener Theatermann starb 94-jährig. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2018)

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