Livestreams führen Klassik-Freunde vom Ausklang der Opern- und Konzertsaison bruchlos in die Festspielmonate: Die Staatsopern Wien und München senden letzte Signale, in Linz beginnt's lautstark. Sechs Empfehlungen.
Ambitionierter neuer Service: Takt1
1500 Videos auf www.takt1.de
Starke Konkurrenz für Klassik-Online-Anbieter kommt seit Kurzem aus Dortmund. Dort haben sich Intendant Benedikt Stampa (demnächst Baden-Baden) und der Universitätsprofessor Holger Noltze zusammengetan, um eine große Streaming-Plattform ins Leben zu rufen: „Takt1“ kooperiert mit großen Konzertveranstaltern wie dem Concertgebouw in Amsterdam und dem Wiener Konzerthaus. Von dort hat man vorgestern ein Gustav-Mahler-Programm unter Teodor Currentzis übertragen, das bis Sonntag online steht – und, falls der Maestro einverstanden ist, dem reichen Schatz des Onlineangebots von „Takt1“ einverleibt wird.
Jüngst gab es als Stream bereits die Wiener Symphoniker unter Philippe Jordan zu hören und zu sehen: Das Richard-Strauss-Programm ist für Abonnenten (zum Einstieg drei Monate gratis) freigeschaltet. Mehr als 1500 Produktionen inklusive Einführungsvideos und Links zu Partituren für Anspruchsvolle enthält diese ambitionierte Videothek bereits.
Trommelsignale zum Festspiel-Auftakt
Martin Grubinger, live in Linz, zu sehen auf Fidelio
Leonard Bernstein, Jahresregent in der Klassik- und Musicalwelt, kommt bei „Klassik am Dom“ in Linz zu Ehren. Schlagzeug-Guru Martin Grubinger ehrt den Komponisten der „West Side Story“ mit einer Hommage, die so recht den Festspielsommer „eintrommelt“. Am 5. Juli ab 20.45 Uhr ist es so weit: Grubinger agiert als Primus inter pares mit seinem Ensemble „Percussive Planet“ auf dem Linzer Domplatz. Kann leicht sein, dass dieses Ereignis den Seher-Rekord vom Vorjahr übertrumpft: 2017 sahen 500.000 zu!
Bruckner-Skizzen zum Rattle-Abschied
Ein spannendes Paket im Digital-Archiv der Berliner Philharmoniker
Ein ganzes Rattle-Paket schnüren die Berliner Philharmoniker zum Abschied ihres langjährigen Chefdirigenten: Sir Simon in typischen Rattle-Programmkombinationen, mit denen sich der Maestro Richtung London verabschiedet hat. Unter anderm auch die musikhistorisch spannende „ergänzte“ Fassung des nach den hinterlassenen Skizzen rekonstruierten Finalsatzes von Anton Bruckners Neunter Symphonie. Sie wurde jüngst auch im Wiener Musikverein zur Diskussion gestellt und spaltete die Meinungen. Im Berliner Digitalen Konzertsaal darf sich jeder Kenner selbst eine Meinung bilden.
Dazu gibt es ein neues Stück von Jörg Widman, samt einem Einführungsgespräch mit dem Komponisten. Die „Digital Concert Hall“ spielt alle zeitgemäßen technischen Stückeln. Mittlerweile steht eine beeindruckende Sammlung von HD-Mitschnitten aus der Philharmonie online und ist als digitales Archiv des Orchesters für Abonnenten ständig abrufbar.
Ganz neu in der Sammlung, apropos Rattle, ist eine Aufzeichnung von Sir Simons erstem Konzert auf der Berliner Waldbühne von 1995 – mit Musik von Bernstein und Gershwin (darunter ein Querschnitt durch „Porgy and Bess“ mit Willard White und Cynthia Haymon).
Strauss-Premiere aus Salzburg
„Salome“ unter Welser-Möst, zu sehen auf Fidelio
Ein Ausblick auf den Festspielsommer: Die zweite Opernpremiere der diesjährigen Salzburger Festspiele gilt der „Salome“ von Richard Strauss, inszeniert von Romeo Castellucci, dirigiert von Franz Welser-Möst mit Asmik Grigorian in der Titelpartie. Die „fidelio“-Plattform öffnet ihren Abonnenten am Abend des 28. Juli ein Streaming-Portal zum Premieren-Besuch!
Jonas Kaufmanns Münchner „Parsifal“
Wagner-Premiere unter Petrenko, gratis im Stream der Bayerischen Staatsoper
Den neuen Münchner „Parsifal“ in der Inszenierung von Pierre Audi schickt die Bayerische Staatsoper am 8. Juli on air. Die technische Qualität der immerhin kostenlosen Streams war zwar zuletzt nicht immer berauschend. Aber Verehrer von Jonas Kaufmann freuen sich jedenfalls auf dessen Interpretation der Titelpartie, zumal mit Nina Stemme und René Pape luxuriöse Partner auf der Bühne stehen und am Dirigentenpult Münchens GMD Kirill Petrenko waltet, der – wie nicht zuletzt Streaming-Fans wissen – in aller Regel stets außergewöhnliche Interpretation garantiert.
Letzter Wiener Stream der Saison
„Falstaff“ unter James Conlon, auf staatsoperlive.com
Die Wiener Konkurrenz, was das Streaming betrifft dank HD-Qualität längst „4.0“-tauglich, bietet dieser Tage noch zum Saisonausklang Verdis „Falstaff“ mit Ambrogio Maestri und Christopher Maltman sowie einer feinen Haus-Besetzung, angeführt von Olga Bezsmertna, Monika Bohinec und Andrea Carroll unter James Conlons Leitung. Für Abonnenten noch bis zum 2. Juli online.