Diese Salome verführt ohne Tanz

Salzburger Festspiele. Jubel für Alessandro Stradellas Oratorium „San Giovanni Battista“ unter Vaclav Luks mit Christophe Dumaux als standhaftem Titelhelden.

Was für ein Effekt! Salome frohlockt über die Hinrichtung des Täufers, den Herodes plagt sein Gewissen – und plötzlich reißt ihr ungleicher Zwiegesang auf der Dominante ab, als wäre ein Schwertstreich nicht nur auf den Nacken des Propheten, sondern auch auf die Partitur gesaust und habe den Rest abgetrennt. Dirigent Václav Luks denkt auch nicht im Traum daran, etwa mit einem Ritardando den Schock abzuschwächen: ein geradezu verstörend offenes Ende.

Während in der Felsenreitschule Franz Welser-Möst die Generalprobe der „Salome“ leitete, die am Samstag Premiere hat, schickte die Ouverture spirituelle Richard Strauss' Fin-de-Siècle-Schocker im Mozarteum noch ein geistliches Pendant aus dem Barock voraus: Alessandro Stradellas „San Giovanni Battista“, komponiert 1675 für Rom. Dort hatte Papst Clemens X. die Operntheater zum Heiligen Jahr schließen lassen, weshalb die kunstsinnigen Patrizier und Kleriker sich vermehrt an sakralen Sujets in konzertanter Darbietung erfreuen mussten – und Stradella galt dafür als formidable Wahl. Mit der Askese seines Titelhelden hatte Stradella zwar nichts am Hut, ganz im Gegenteil, sollte aber später wie dieser ein gewaltsames Ende finden: 1682, mit knapp 43 Jahren, wurde er in Genua auf offener Straße gemeuchelt. Wahrscheinlich hatte ein gehörnter Gatte oder ein anderer amouröser Konkurrent die Mörder gedungen.

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