Salzburg: Glücklicher Sommer der Absagen

Gruppenbild zum Finale der Festspiele 2018: Schauspielchefin Bettina Hering, Konzertchef Florian Wiegand, kaufmännischer Direktor Lukas Crepaz, Präsidentin Rabl-Stadler, Intendant Hinterhäuser.
Gruppenbild zum Finale der Festspiele 2018: Schauspielchefin Bettina Hering, Konzertchef Florian Wiegand, kaufmännischer Direktor Lukas Crepaz, Präsidentin Rabl-Stadler, Intendant Hinterhäuser. (c) APA/FRANZ NEUMAYR (FRANZ NEUMAYR)
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Präsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser sind mit der künstlerischen und finanziellen Bilanz der zu 97 Prozent ausgelasteten Festspiele zufrieden.

Immer wieder werde die Frage gestellt, wie „politisch“ die Kunst sei, die bei den Salzburger Festspielen gemacht werde – Präsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser bilanzierten die Saison 2018 und kamen auf dasselbe Thema zu sprechen. Selbstverständlich sei Kunst immer politisch, waren sich die beiden einig. Das beginne, so die Präsidentin, bereits mit der Auswahl des jährlichen Festspielredners: Heuer, so Rabl-Stadler weiter, habe Philipp Blom betont, ein „Kind der Aufklärung“ zu sein, und vor allem postuliert, es sei keine Zeit der großen Antworten, sondern eher eine, um Fragen zu stellen.

Eben diese Fragen werfe die Salzburger Festspielkunst auf – weit weg, so Markus Hinterhäuser, von der „platten Parteipolitik“, vielmehr durch die von allen bedeutenden Werken aufgeworfenen Fragen der „Conditio humana“, die es „in unsere Welt zu holen“ gelte. In eine Welt, in der sich, so die Präsidentin, „das Meinungsklima von der Diskussion zur Konfrontation verschoben hat“.

„Dramatische Erkrankungen“

„Ich habe ja kein Interesse daran, Donald Trump auf der Bühne zu sehen. Ich sehe ihn jeden Tag im Fernsehen, das genügt“, meinte Hinterhäuser. In diesem Sinn sei der vergangene Sommer für ihn „gewaltig“ gewesen. Drei Tage vor dem Festspielfinale (zu dem Anna Netrebko noch an der Seite ihres Bühnen- und Lebenspartners, Yusif Eyvazov, ihren Beitrag leisten wird) könne man nun entspannt zurückblicken auf „Situationen, die nicht ganz so entspannt waren“. So lautete die euphemistische Umschreibung der zahlreichen zum Teil spektakulären Absagen, bedingt durch „dramatische und weniger dramatische Erkrankungen“, bei denen die Nervenstärke des Festspielteams gefragt war. So hätte man „in 36 Stunden mit Philipp Hochmair einen veritablen „Jedermann-Ersatz“ für Tobias Moretti gefunden, „keinen Ersatz-Jedermann“, betonte Hinterhäuser.

Bejubelt wurde die für Asmik Grigorian, „die Stimme dieses Sommers“ (Hinterhäuser), über Nacht gewonnene Salome von Malin Byström. Nicht zu reden von Klaus Maria Brandauer, der von Bruno Ganz den Erzähler in der neuen „Zauberflöte“ übernahm, in der sich mit der Preisträgerin des Young Singers Project, Emma Posman, für die kurzfristige ausgefallene Königin der Nacht erstklassiger Ersatz in der Stadt fand.

Insgesamt ist das Festspieldirektorium mit Lukas Crepaz als kaufmännischem Direktor und den Leitern von Schauspiel (Bettina Hering) und Konzert/Medien (Florian Wiegand) glücklich mit dem Verlauf des Festivals, nicht nur, weil die Auslastungszahl des Vorjahres gehalten werden konnte: Wieder konnten 97Prozent der Eintrittskarten für rund 200 Vorstellungen verkauft werden.

Auch, was die Außenwirkung der Festspiele betrifft, sind die Zahlen beeindruckend: Etwa vier Millionen Zuschauer habe man während der Festspiele mit (teilweise zeitversetzten) Liveübertragungen im TV international erreicht. Hinzu kämen die Radioübertragungen von Opern und Konzerten. Medien-Chef Florian Wiegand ist beglückt darüber, dass mithilfe von ORF, Unitel und Privatstationen heuer alle Opern optisch und akustisch dokumentiert werden konnten.

Publikum entscheidet kurzfristiger

Hinterhäuser betrachtet die szenischen Produktionen übrigens als Investition in die Zukunft. Von der Einmaligkeitsdoktrin seines Vorgängers Alexander Pereira hält er nichts. Ziel sei durchaus, Inszenierungen auch später wieder ins Programm zu nehmen – und Koproduktionen bzw. Gastspiele eventuell auch erst nach den Premieren mit möglichen Partnern auszuhandeln. Auch auf diesem Sektor ist es vorbei mit langen Vorlaufzeiten. Sogar das Publikum entscheidet immer kurzfristiger: Crepaz verwies darauf, dass etwa zehn Prozent der Karten erst nach Beginn des Festivals verkauft würden. Vielleicht auch das Frucht jener familiären Situation, die Hinterhäuser sich erträumt hat, und die Grigorian zu der Aussage inspiriert hat: „Weißt du, Markus, in Salzburg wird man besser!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2018)

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