Versungen und vertan


Joseph Calleja erschien indisponiert zum Solistenabend.

Der frivole Einstieg mit Taminos „Bildnis-Arie“ ließ bereits nichts Gutes ahnen. Gepresste Höhen, ungeschickt gesetzte Piani, somit stilistisch vulgär – warum nur muss ein südländischer Tenor sich an Mozart vergreifen? Es schien, als könnte Joseph Calleja nur Fragen aufwerfen, statt sie zu beantworten. Bei Donizetti war dann erste Endstation: Edgardos Arie „Tombe degli avi miei“ gelang nur mit Pannen und Fehlern. Calleja wandte sich charmant und redselig ans Publikum: Er sei untröstlich, nicht gut disponiert zu sein, doch wolle er nicht absagen, es sei schließlich sein (41.) Geburtstag. Also Ohren zu und weiter so . . .

Werthers „Pourquoi me réveiller“ lud kaum zum Aufwachen ein – nur ein stimmlicher Kraftakt statt Poesie und schwärmerischer Lyrik. Lieber ein Versuch, mit Verdi vom lyrischen ins dramatische Fach zu wechseln: Don Alvaros „La vita è inferno all'infelice“ aber glich nur einem Potpourri von Überanstrengungen. Daher zwangsläufig zweite Endstation. Cavaradossis Abschiedsschluchzer „E lucevan le stelle“ wurden vorerst aus dem kurzen Wald-und-Wiesen-Programm gestrichen.

In der Pause konnte Calleja offenbar bescheidene Reserven mobilisieren. Trotz verlegten Rachenraumes floss die markante Mittellage etwas flüssiger und eindrucksvoller. Einige Canti popolari von Tschaikowski bis Leoncavallo profitierten davon etwas. Das Timbre, das auch in gesundem Zustand nicht allen Idealvorstellungen entspricht, war sowieso längst weg. Interessant immerhin ein Lied des Malteser Komponisten Joseph Vella, und mehr als bemerkenswert die pianistische Leistung von Vincenzo Scalera, als Profi für Veranstaltungen dieser Art bekannt. Um Versöhnung bemüht die Zugabe: doch noch Cavaradossi sowie das Lamento des Federico aus Cileas „L'Arlesiana“, bei dem die dramatische Erzählkraft an bessere Zeiten erinnerte. Joseph Calleja hätte einen Ruf zu verteidigen gehabt: immerhin seit 2003 neun Rollen an 34 Abenden in der Staatsoper.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2019)

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