Heiteres Märchenspiel als Satire übers Theater

Heiteres Maerchenspiel Satire uebers
Heiteres Maerchenspiel Satire uebers(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Prokofjews "Liebe zu den drei Orangen" beschert dem Haus einen Erfolg auf der ganzen Linie.

„Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug“: Die viel zitierten Worte aus Schnitzlers „Paracelsus“ prangen auf dem Vorhang der jüngsten Volksopern-Produktion – und fanden bei der Premiere ihre erste Bestätigung noch vor Beginn der Vorstellung. Denn wenn Direktor Robert Meyer eine Ansage über erkrankte Sänger, Luftraumsperre und Notfallszenarien macht, dann ist auch das bereits ein launiger Komödienmonolog – und stimmt zudem hervorragend auf den unterhaltsamen, im besten Sinne bunten, Abend ein, der im begeistert mitgehenden Publikum immer wieder herzhafte Lacher und zuletzt lautstarken Jubel für alle Beteiligten hervorrief.

Sergej Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“ auf ein eigenes Libretto nach Carlo Gozzi, 1921 in Chicago uraufgeführt, thematisiert unter dem Mantel eines heiteren Märchenspiels auf satirische Weise das Theater an sich – und nimmt dabei so ziemlich alles vorweg, was moderne Regisseure später bei anderen Stücken mit wechselndem Erfolg an Brechungen, Verfremdungen und Hintersinnigkeiten eingebaut haben: Lautstark diskutiert gleich zu Beginn der Chor in der Rolle des Publikums aus Logen und Parkett seine Erwartungen, schiebt später ironische, missbilligende oder zustimmende Kommentare und greift sogar in die Handlung ein, welche Elemente aus verschiedensten Vorlagen vereint.

Glänzend gewählte Typen

Konsequenterweise erklingt auch ständig Musik über Musik: Ohne eigentliche Zitate zu verwenden, feuert Prokofjew virtuos aus allen stilistischen Rohren und verdeutlicht mit seinen höchst anspielungsreichen, zwischen Groteske und Sentiment vermittelnden, Klängen jede Kapriole des Geschehens. Die für Hamburg entstandene, viel gerühmte Inszenierung des 2002 verstorbenen Regisseurs Ernst-Theo Richter (Bühne: Karl-Ernst Herrmann, Kostüme: Jorge Jara), welche Wolfgang Bücker für die Volksoper adaptiert und einstudiert hat, versucht dies gottlob nicht zu übertrumpfen, sondern findet in großer Kongruenz mit der Musik über den gemeinsamen szenischen Nenner der Zirkusmanege einen schlüssigen Ausgleich zwischen episodenhaften Gags und großer, klarer Linie. Musikalisch garantiert dies Alfred Eschwé am Pult, der das wandlungsfähige Orchester mustergültig über die zahlreichen Fallstricke der Partitur hinwegführt und dabei die Spannung aufrecht hält.

Auf der Bühne agiert voll Animo ein homogenes, spielfreudiges Ensemble vielleicht nicht der alleredelsten Stimmen, aber glänzend gewählter Typen: Etwa Dirk Aleschus, eine Art Robert Holl zum Quadrat, als gewaltige Köchin(!), aber auch Irmgard Vilsmaier (Fata Morgana), Mehrzad Montazeri (Prinz), Wilfried Zelinka (Leander). Nicht versäumen! Noch bis 12.Mai.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2010)

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