Ein Baritonheld, der auch ohne Maske fasziniert

Leo Nucci bewies sich bei seinem Liederabend in der Staatsoper als Ausnahmesänger.

Es passieren doch noch Zeichen und Wunder, welche die Totsagungen der Kunstform Oper Lügen strafen. Das schafft am überzeugendsten ein Künstler, der mit Erfahrung und im Vollbesitz seiner Kräfte das Publikum fesseln und verführen kann. Etwa Leo Nucci, dem in der Staatsoper mit einem Dutzend Arien seines Stammrepertoires ein singuläres Niveau von Sangeskunst und dramatischer Darstellung gelang.

Lächelnd und winkend kam er wie ein flotter Fünfziger auf die Bühne, ließ vergessen, dass er in ein paar Wochen 77 wird. Sein Timbre mag zwar etwas rauchiger geworden sein, das verleitet ihn aber nicht dazu, ins Charakterfach der Pensionisten abzutauchen. Er bleibt Baritonheld, und er ist nach wie vor voll im Geschäft. Sein Markenzeichen sind posaunenartige hohe Töne und Phrasen – unglaublich, was ein Zusammenspiel von Stütze, Atem und Kraft hervorbringen kann. Wenn die Mittellage auch schon dünner geworden ist oder das Fundament etwas diskreter, punktgenaue Deklamation und Textbehandlung, Verständlichkeit und vokale Linie machen das allemal wett. Leo Nucci ist ein Ausnahmesänger von immensen Kapazitäten. Er kann Stimmungen, Gefühle, Konflikte und Situationen effektvoll vermitteln und auch ohne Maske, Kostüm und Kulisse faszinieren.

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