Musikverein

Entstaubte Kostbarkeiten

Themenbild: Wiener Musikverein
Themenbild: Wiener Musikverein(c) Clemens Fabry
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Harriet Krijgh brillierte in einem von Gustavo Gimeno exzellent dirigierten, farbenreichen Programm der Symphoniker.

Qualitative Wechselbäder im Musikverein: kalt und warm – Ersteres durch ein klangliches Desaster des Freiburger Barockorchesters bei Kristian Bezuidenhouts auffallend bescheidener Mozart-Sicht, Zweiteres am Tag darauf durch ein inspiriertes Abo-Programm der Wiener Symphoniker.

Das Orchester unter Gustavo Gimeno, einem so geschickten wie kompetenten Gastdirigenten, bewährte sich im französischen und deutschen Repertoire. Plastisch und mit Sogwirkung werden die Farbkonstrukte nachgezeichnet, die sich Henri Dutilleux für seine „Métaboles“ (Veränderungen) aus 1964 ausgedacht hat. Der raffinierte Instrumentator bedient mit dünnem Strich wie mit breitem Pinsel im Wechselspiel zwischen Klangflächenstimmungen und grellen Rhythmen alte Formen. Derart charmante Avantgarde kommt sogar beim heutigen Publikum an.

Danach triumphierte die 27-jährige Cellistin Harriet Krijgh beispiellos als Solistin des a-Moll-Cellokonzerts von Camille Saint-Saëns: Begeisternd der große, warme, schlackenlose Ton, die Fähigkeit für innige, endlose Phrasen, die nie aufdringliche, sympathische und einnehmende Präsenz – auch dank eines kostbaren Instruments (Giovanni Paolo Maggini).

Krijgh, Gimeno und den Symphonikern gelang eine schlanke, „entstaubte“ Wiedergabe eines kostbaren Stücks, das oft unter der Ablage in der Rubrik „Schöne Stimmen, schöne Weisen“ zu leiden hat. Der auch hierzulande unterschätzte Saint-Saëns hat da dem Cello eine emanzipierte Rolle zugeschrieben, in der Harriet Krijgh wunderbar aufgehen konnte.

Nach der Pause bewies Gimeno sein Können anhand von Robert Schumanns C-Dur-Symphonie: gezügelter Ausdruck statt Überschwang – Gustavo Gimeno, er kommt aus dem Dunstkreis von Claudio Abbado und Mariss Jansons, springt sozusagen aus der goldenen Mitte in die große Karriere. Applaus für ihn vom Orchester – auch das ist nicht alltäglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2019)

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