Die Musikwelt trauert um Ivan Eröd

Ivan Eröd scheute er sich nicht, Jazzanklänge oder ungarische Volksmusik in seine eigene Tonsprache zu integrieren
Ivan Eröd scheute er sich nicht, Jazzanklänge oder ungarische Volksmusik in seine eigene Tonsprache zu integrierenAPA/HANS PUNZ
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Ivan Eröd ist 83-jährig gestorben. Der 1956 von Ungarn nach Wien emigrierte Komponist, Pianist und Hochschullehrer war ein musikalischer Weltenwanderer.

Seine letzte Ehrung konnte er nicht mehr persönlich entgegennehmen. Als der Komponist Ivan Eröd am Freitagabend in der Albertina mit einer Goldmedaille des US-amerikanischen Kennedy Center ausgezeichnet wurde, nahm sein Sohn, der Sänger Adrian Eröd, die Auszeichnung entgegen. Heute, Montag, ist Ivan Eröd im Kreise seiner Familie in einem Wiener Krankenhaus gestorben.

Auf die Welt kam Ivan Eröd am 2. Jänner 1936 in Ungarns Hauptstadt Budapest. Eröds Bruder wurde ebenso wie seine Großeltern in Buchenwald und Auschwitz ermordet. Ivan Eröd überlebte den Holocaust. Nach dem Scheitern des Volksaufstands in Ungarn 1956 entschloss sich der junge Musiker zur Flucht nach Österreich. "Ich würde jedem, der heute emigrieren muss, wünschen, dass er so gut aufgenommen wird wie wir damals", hatte sich Eröd vor einigen Jahren gegenüber der APA an seine damalige Flucht und die darauffolgende Integrationsphase erinnert.

Per Autostopp nach Linz

Eröd kam zunächst in ein Flüchtlingslager in Oberösterreich und riss nach einer Woche per Autostopp nach Linz aus. Dank eines US-Stipendiums konnte er bald an der Wiener Musikakademie seine musikalische Ausbildung wieder aufnehmen, die er in Budapest nicht hatte abschließen können. 1961 erhielt er sein Diplom in Klavier und Komposition.

Ab 1962 war Eröd als Solokorrepetitor und Studienleiter an der Staatsoper tätig und erhielt in Folge Lehraufträge und Professuren an den Musikhochschulen von Graz und Wien, wobei unter anderen Georg Friedrich Haas oder Johannes Maria Staud zu seinen Studenten zählten. Sein eigenes kompositorisches Werk war zunehmend geprägt von freien, leichter zugänglichen Elementen im Feld der Tonalität, die sich der Einordnungen in die diversen Schulen entziehen. Von der Auseinandersetzung mit den Traditionen der Schönberg'schen Zwölftontechnik wandte sich Eröd ab. Dabei scheute sich Eröd nicht, Jazzanklänge oder ungarische Volksmusik in seine eigene Tonsprache zu integrieren, die oft ein im heimischen Musikbetrieb seltenes Element aufweist: Humor. Auch im Musiktheater setzte Eröd wenige, dafür aber erfolgreiche Akzente, etwa mit dem Kinderwerk "Pünktchen und Anton" nach Erich Kästner an der Wiener Staatsoper.

Das Komponieren, vor allem aber die Professuren und die häufigen Konzerte als Pianist, ermöglichten es Eröd, mit Musik seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und eine Familie zu gründen. 1969 heiratete er die französische Germanistin Marie-Luce Guy, das Paar bekam fünf Kinder. Darunter finden sich heute renommierte Musiker wie der gefeierte Bariton Adrian Eröd oder der RSO-Fagottist Leonard Eröd.

„Ich hatte ein glückliches Leben"

Zu Ungarn, dem Land seiner eigenen Kindheit, hatte der vielfach ausgezeichnete Komponist nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wieder intensiven Kontakt. Zuletzt besaß er die Doppelstaatsbürgerschaft - und ein zwei Autostunden von Wien entferntes Bauernhaus in Westungarn. Ivan Eröd wurde vielfach ausgezeichnet. Nach dem Österreichischen Staatspreis (1970) erhielt Eröd 1978 den Würdigungspreis der Stadt Graz, 1980 denjenigen des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht und Kunst. Auf den Musikpreis der Stadt Wien (1986) folgten 2001 das Große Silberne Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik und das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

"Im Grunde genommen bin ich sehr zufrieden", sagte Eröd im APA-Interview zu seinem 80. Geburtstag. "Ich hatte ein sehr glückliches Leben. Eigentlich ist alles gut gelaufen, wenn man von den ersten 20 Jahren absieht."

(APA)

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