Beethoven rettet uns vor seinen Interpreten

„Fidelio“ in Gars mit recht überflüssigen szenischen Zusätzen, aber musikalisch fein aufbereitet.

Eine Rahmenhandlung schien dem Leading Team des Opernfestivals Gars nötig, um Beethovens „Fidelio“ in seiner Brisanz dem Publikum näherzubringen. Florestan und Leonore feiern im Hof der Burgruine zu den Klängen des Gloria aus Beethovens C-Dur-Messe goldene Hochzeit, um dann ihren Leidensweg Revue passieren zu lassen. Überzeichnet wirkten dabei sowohl die choreografierten Bewegungen als auch die künstlich wirkende Empathie des Chors. Überflüssige Regieeinfälle mehrten sich, wenn etwa drei schwarz gekleidete Personen während des Quartetts im ersten Akt die Wünsche von Marzelline (Brautkranz), Leonore (Verließschlüssel) und Jaquino (Ermordung des Nebenbuhlers Fidelio) verkörperten.

Peinlich die Überwältigung Pizarros durch Leonore mit Brachialgewalt im Kerkerbild, besonders störend die inszenierte Leonoren-Ouvertüre (Nr. 3) vor dem Finale: Regisseur Stephan Bruckmeier ließ Chormitglieder mit Buchstaben Satzfragmente wie „Recht auf Freiheit“ oder „Recht auf Liebe“ aufstellen, was schon beim ersten Spruch nicht recht klappen wollte und für Heiterkeit sorgte. Schließlich applaudierten die Zuschauer bei jeder richtigen Lösung, was die Ouvertüre akustisch fragmentierte.

Berührende Leonore

Amüsiert quittierte man teilweise auch Michael Korths neue Dialogtexte. So musste sich die Brisanz des „Fidelio“ doch wieder über Beethovens Musik vermitteln, die diesmal eher in ihren verinnerlichten Momenten zu ihrem Recht kam. Magdalena Renwarts Leonore überzeugte jedenfalls mehr mit berührenden Tönen als mit dramatischen Ausbrüchen. Übervorsichtig bis zur großen Arie, kam ihr weicher, höhensicherer Sopran erst danach voll zur Geltung.

Herbert Lipperts hell timbrierter Tenor bewies bald nach Beginn auch in kraftvollen Passagen Durchsetzungskraft. Paul Gays souveräner Rocco punktete mit ruhiger Stimmführung und Phrasierung. Wilfried Zelinkas Pizarro war ihm ein weniger bedrohlicher als nobler Gegenspieler. Caroline Wenborne hingegen dominierte als fast zu stimmgewaltige Marzelline ihren lyrischen Jaquino, Ian Spinett. Intendant Johannes Wildner sorgte am Pult der Klangvereinigung Wien für flotte Tempi. Der fehlende Sichtkontakt zur Bühne sorgte für manche Irritationen. Unüblich wie der Beginn des Abends auch der Epilog – mit Passagen aus dem Schlusschor von Beethovens Neunter Symphonie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2019)

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