Von Krauss bis Mehta

GENERALPROBE NEUJAHRSKONZERT 2012
GENERALPROBE NEUJAHRSKONZERT 2012APA/ANDREAS PESSENLEHNER
  • Drucken

Eine üppige CD-Edition zu 75 Jahren Neujahrskonzert.

Die Neujahrskonzerte werden 75. Das ist ein Grund zum Feiern, gerade weil in jüngster Zeit stets ein paar Tage vor Silvester die Meldung wiedergekäut wird, das erste dieser Ereignisse hätte im Kriegsjahr 1939 stattgefunden und sei damit so etwas wie eine "Kraft durch Freude"-Aktion des Wiener Orchesters gewesen. Wer ein wenig über den Zeitgeschichtlerhorizont hinausdenkt, kann sich vorstellen, was es für Österreicher, die gerade zu "Ostmärkern" degradiert worden sind, bedeutet haben mag, wenn die Philharmoniker Musik der Strauß-Dynastie unter Leitung des geborenen Wieners Clemens Krauss musiziert haben... Damit genug: Das Neujahrskonzert, spätestens seit den Sechzigerjahren ein Medienereignis, darf als bedeutendster Werbeträger dieses Landes gelten. Als eine Art tönende Bilanz erschienen nun 23 CDs mit fast allen Werken, die je in einem Neujahrskonzert erklungen sind. Von Clemens Krauss bis Zubin Mehta sind sämtliche Dirigenten vertreten mit Ausnahme von Josef Krips, der in den beiden Jahren, als Krauss mit Dirigierverbot belegt war, eingesprungen ist und auf den man wieder einmal vergessen hat. Die Übersicht über die wienerische Dreivierteltakttradition von Lanner bis Ziehrer lässt denn auch hören, wie viele interpretatorische Ansätze es für diese Musik geben kann, nicht zuletzt, weil man nach Willi Boskovsky, der ein Vierteljahrhundert in alter Strauß-Manier seine Kollegen als Stehgeiger angeführt hatte, dazu überging, internationale Dirigenten zu verpflichten. Auf Lorin Maazel, der das Konzert siebenmal en suite leitete, folgten ab 1987 jährlich wechselnde Maestri, von Karajan bis Pr tre, von Muti über den in Wien ausgebildeten Mehta bis zu Barenboim, die Österreicher Harnoncourt und Welser-Möst nicht zu vergessen. Jeder verlieh dem Konzert sein eigenes Gepräge.

Für jeden etwas. Wer hören möchte, was auf engstem Raum an symphonischer Klangdifferenzierung möglich ist, findet es in den "Phönixschwingen" unter Maazel (CD 8). Was man als spezifisch "österreichischen Ton" bezeichnen könnte, ist dank feiner dynamischer Differenzierungen im von Nikolaus Harnoncourt dirigierten "Kaiserwalzer" zu hören, der zwischen explosiv-saftigen Forteklängen und geradezu süffisant zurückgehaltenen Pianophrasen virtuos vermittelt (CD 9). Nicht zu vergessen die jeweils aktuellen Addenda, die mit der Strauß-Dynastie bestenfalls mittelbar zu tun haben, von Haydn unter Harnoncourt bis zu Mozart und Reznicek unter Abbado, Tschaikowsky oder Hellmesbergers zündendem "Danse diabolique" unter Jansons. (Sony)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.