Meister der Großskulptur

Bruno Gironcolis Skulptur „Ein Körper, zwei Seelen“ aus dem Jahr 2001 wird bei Thoman für 282.500 Euro angeboten.
Bruno Gironcolis Skulptur „Ein Körper, zwei Seelen“ aus dem Jahr 2001 wird bei Thoman für 282.500 Euro angeboten.(c) MAC's Grand Hornu 2012
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Dem Bildhauer Bruno Gironcoli blieb die große Anerkennung bisher verwehrt. Diverse Ausstellungen, darunter im mumok, könnten für Aufschwung sorgen.

Bruno Gironcolis Kunst ist imposant und irritierend zugleich. Der österreichische Bildhauer gehört zu den eigenwilligsten Künstlerpersönlichkeiten des 20.Jahrhunderts. Und obwohl er international gezeigt wurde und 2003 Österreich auf der Biennale in Venedig vertrat, blieb ihm die internationale Anerkennung bisher verwehrt. Das spiegelt sich auch auf dem Kunstmarkt wieder.

Jetzt richtet das mumok mit der großen Retrospektive „Bruno Gironcoli: In der Arbeit schüchtern bleiben“ den Scheinwerfer auf den Ausnahmekünstler (3.Februar bis 27.Mai). Parallel dazu richten auch zwei Galerien Ausstellungen aus: Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, die das Oeuvre von Gironcoli seit Ende der 1980er-Jahre betreuen (3.Februar bis 26.Mai) und die Galerie bei der Albertina Zetter (25.Jänner bis 3.März).

Gironcoli ist vor allem für seine Großplastiken bekannt. Weniger bekannt ist, dass Gironcolis bildhauerisches Werk von einer kontinuierlichen grafischen Produktion begleitet war. Von Beginn an sind diese oftmals großformatigen Blätter, die im Laufe der Jahre malerischer wurden, mehr als bloße Skizzen für die Bildhauerei. Das mumok stellt in der Ausstellung erstmals den Maler und Zeichner Gironcoli in den Mittelpunkt.

Die Galerie Thoman hat wesentlich zum Entstehen der Museumsausstellung beigetragen. „Wir wissen von hunderten von Papierarbeiten in welchen Sammlungen sie sich befinden und konnten so die Recherchen des mumok unterstützen“, sagt Elisabeth Thoman. Die Galerie hat Leihgaben vermittelt und selbst Arbeiten für die Retrospektive zur Verfügung gestellt.

Sie selbst zeigt in der Galerie in Wien eine Ausstellung von Skulpturen, die zwischen 1964 und 2001 entstanden sind sowie Arbeiten auf Papier von 1967 bis 1991. Die Galerie setzte im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Künstler rund vierzig verschiedene Plastiken als Güsse um, darunter auch die großen Aluminiumskulpturen für die Biennale Venedig und die Biennale Lyon 2003. Unter den zum Verkauf stehenden Skulpturen gehören „Ein Körper; zwei Seelen“ aus dem Jahr 2001 um 282.500 Euro, eine Arbeit ohne Titel von 1997 um 280.000 Euro und „Ohne Titel (Kinderwagen)“ von 1966 um 169.500 Euro zu den teuersten Skulpturen. Es sind aber auch günstigere Arbeiten zu haben, wie beispielsweise die Arbeit „Ohne Titel (Herzschale)“ von 1996 um 9500 Euro. Die meisten Arbeiten sind Aluminiumguss. Die Ausstellung ergänzt sowohl das mumok als auch die Schau bei Albertina Zetter. „Wir haben zusammengearbeitet und ich habe der Galerie sogar Arbeiten in Kommission gegeben“, sagt Thoman.

Die Galerie bei der Albertina Zetter zeigt ebenfalls einen Querschnitt des Werks, wobei hier auch sehr frühe Arbeiten, wie beispielsweise Zeichnungen aus den 1960er-Jahren und bei den Skulpturen die frühen, filigranen Drahtobjekte und Polyesterarbeiten zu finden sind. So ist etwa die Skulptur Soax Lup aus dem Jahr 1966, die das Urmodell für alle Varianten des „Soax Lup“ mit Vitrine und Sockel ist, bei Zetter zu sehen. Die Arbeit ist mit 29.000 Euro beziffert. Ein gezeichneter Kopf mit Kugelschreiber und Wasserfarbe auf Papier, entstanden 1963/64 kostet 7500 Euro und ein später Aluminiumguss „Ohne Titel (Streichelöhre IV)“ aus dem Jahr 2008 in einer Auflage von 30 kostet 3500 Euro.


Aufholbedarf. Auf dem Kunstmarkt besteht eine große Diskrepanz zwischen Primär- und Sekundärmarkt. Während Arbeiten im Handel auch höhere Preise haben, liegt der höchste Preis für eine Skulptur laut Artprice.com bei 100.000 Euro, erzielt für „Hutnadel II“ im Juni 2017 im Auktionshaus im Kinsky. Am Primärmarkt liegen die Preise für Skulpturen heute laut Thoman zwischen 24.000 und 480.000 Euro. Bei den Papierarbeiten gibt es günstige für unter 5000 Euro. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat Gironcoli nur noch auf Papier gearbeitet. Dabei hat er auch große Formate erzeugt, indem er Papiere zusammenmontierte und selbst mit einem Rahmen versah. Die sind natürlich deutlich teurer und liegen zwischen 40.000 und 80.000 Euro“, erzählt die Galeristin.

Thoman hofft auf die überfällige angemessene Anerkennung. „Museumsausstellungen sind wichtig, damit endlich die Bedeutung des Werks hinausposaunt wird.“ Die Ausstellung im mumok geht anschließend nach Belgien in das zeitgenössische Museum von Grand Hornu und im März 2019 hat auch die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine Ausstellung geplant. „Um das Werk über die Geschätztheit bei Künstlern und Sammlerinsidern hinauszuheben, benötigt es Ausstellungen in internationalen Triple-A-Museen“, sagt Thoman. Sie ortet einen Grund für die immer noch ausstehende Anerkennung in der extrem eigenständigen Arbeit des Künstlers. „Das Werk ist nicht zuordenbar und es ist bisher zu wenig wissenschaftlich aufgearbeitet worden.“

Dabei war Gironcoli in den 1970er- bis 1990er-Jahren auf aufstrebenden Ast. „Danach gab es ein Loch“, so Thoman, obwohl die Galerie die Arbeiten auch auf wichtigen internationalen Messen, wie der Art Basel, der Art Paris Carrousel du Louvre, der Arco in Madrid, Art Cologne in Köln und der Fiac in Paris präsentierte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2018)

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