Warum gibt es nicht mehr Kunst für Kinder? Ein Plädoyer

Im „Höhenrausch“ am Linzer Parkdeck: Kinder am Wasserspielplatz des deutschen Künstlers Benjamin Bergmann.
Im „Höhenrausch“ am Linzer Parkdeck: Kinder am Wasserspielplatz des deutschen Künstlers Benjamin Bergmann. (c) Andreas Kepplinger
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Führungen für Kinder, Kunstbücher für Kinder, Bastelworkshops – das Angebot ist groß, aber meist Nebenprodukt. In der Kunsthalle Wien zeigt man jetzt eine Ausstellung für Kinder. Doch warum sprechen Künstler, Stadtverwaltungen und Museen Kinder nicht öfter direkt an?

Da ist Öl auf dem Boden‘, sagt John. ,Das Öl steht für all das Blut, das die US-Regierung in ihren illegalen Kriegen vergossen hat‘, sagt Mutti. ,Donnerwetter‘, sagt John.“ Nächster Raum in irgendeinem Museum moderner Kunst, Familienbesuch mit Mutter, Sohn und Tochter: „,Der Müll stinkt‘, sagt Susan. ,Das ist der Gestank unserer verrottenden westlichen Zivilisation‘, sagt Mutti.“ Nächster Raum Jeff Koons, Balloon-Dog. „,Ich möchte mit dem Luftballon spielen‘, sagt John. ,Nur Risiko-Kapitalisten können mit diesem Luftballon spielen‘, sagt Mutti.“ Das Mädchen steht vor der leeren Leinwand: „Die Leinwand ist leer. Susan ist leer.“

Selten ein so zynisches „Bilderbuch“ in der Hand gehabt wie das gerade auf Deutsch herausgekommene englische Büchlein „Wir gehen in eine Ausstellung“ (Kunstmann Verlag, erscheint am 26. September). Geschrieben wurde es von zwei jungen Geschwistern, sie Künstlerin, er Autor. Und man fragt sich, was da eigentlich schief gelaufen ist in der Kunstvermittlung für Kinder. Oder überhaupt in der Begegnung zwischen Kunst, Kindern und deren Eltern. Da gibt es zwei Gruppen: Die, die ihre Kinder beim Bastel-Workshop abgeben und daheim dann heimlich die dort entstandenen Pseudo-Klimts der Kleinen wegschmeißen. Und die, die die Kunst und ihre Kinder sehr ernst nehmen, siehe Kinderbuch. (Und natürlich viel dazwischen.)

Kinder an Kunst heranzuführen ist eine schwierige Angelegenheit, die zwischen zu naiv und zu kompliziert schwankt und das Gefühl und Empfinden meist vernachlässigt. Denn vor dem Bild ist jeder allein mit sich selbst. Und seinem fragenden Kind. Und den Ohren, die einem dabei zuhören, wie man sich vielleicht gerade lächerlich macht. Reden über Kunst ist nicht jedermanns Sache. Diese Angst zu nehmen, ist das Kunststück, das Institutionen beisteuern sollten. Sie versuchen es eh. Immer mehr. Gerne digital per Führungs-App oder Kinder-Audio-Guide.

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