Möbel aus Stahl und Blech

Stahlrohrmöbel waren eine Erfindung des Bauhaus. Im Dorotheum kommt ein früher Stuhl, Modell „Beugel Stoel“, von Gerrit Thomas Rietveld mit einer Taxe von 12.000 bis 15.000 Euro zur Auktion.
Stahlrohrmöbel waren eine Erfindung des Bauhaus. Im Dorotheum kommt ein früher Stuhl, Modell „Beugel Stoel“, von Gerrit Thomas Rietveld mit einer Taxe von 12.000 bis 15.000 Euro zur Auktion.(c) Dorotheum
  • Drucken

2019 feiert Bauhaus 100-Jahr-Jubiläum. Im Dorotheum kommen Anfang November einige Lose von Bauhausdesignern zum Aufruf.

„Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau.“ Das waren die einleitenden Zeilen des Bauhaus-Manifests, das Walter Gropius im April 1919 anlässlich der Gründung des Staatlichen Bauhauses verfasste. Diese in Weimar gegründete und 1925 nach Dessau und später bis zu ihrer Schließung 1933 in Berlin ansässige Schule für Architektur, Design und bildende Kunst prägte die Entwicklung der Moderne wie keine andere.

Derzeit ist der Name Bauhaus mit negativen Schlagzeilen verbunden. Die Entscheidung, das Konzert einer linken Punkband im Bauhaus Dessau abzusagen, sorgte für heftige Kritik. Es ist schade, dass ein Skandal das Jubiläum überschattet. Das Programm zur Feier von 100 Jahre Bauhaus ist gewaltig. In mehr als 600 Veranstaltungen geht es um die Architektur- und Designschule. Drei neue Museen entstehen in Weimar, Dessau und Berlin. Im Jänner gibt es ein Eröffnungsfestival in der Berliner Akademie der Künste. Das Haus der Kulturen der Welt zeigt ab März in der Ausstellung Bauhaus Imaginista die globale Strahlkraft der Schule und der Kulturkanal Arte dreht sogar eine Miniserie.

Bis zur Jubiläumsfeier wird hoffentlich nur noch Bauhaus selbst im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Es hätte es verdient. Das Bauhaus ist bis heute modern, weil es konsequent nach der gesellschaftlichen Wirkung von Kreativität und Gestaltung fragt, weil es die traditionellen Gattungsgrenzen überschreitet und damit interdisziplinär ansetzt und weil es systematisch nach einer Weltsprache der Gestaltung sucht.

Weimar war zu Beginn des 20. Jahrhunderts Anziehungspunkt für junge Kreative und Avantgardekünstler. In einer Zeit politischer Unruhen versuchten zahlreiche Künstler eine eigene kreative Sprache zu entwickeln. Da gab es die Gruppe Der Blaue Reiter von Wassily Kandinsky, Paul Klee, Franz Marc und August Macke in Deutschland, die Fauvisten wie Georges Braque und Henri Matisse in Frankreich, die Dada-Bewegung, zu deren Anhängern Marcel Duchamp, George Grosz und Max Ernst gehörten, aber auch die Oktoberrevolution von 1917 in Russland und die Politik der Bolschewiki, die die künstlerische Freiheit förderten. Das Bauhaus entstand in diesem kulturell höchst kreativen Umfeld, das auch Walter Gropius prägte. Vor dem Ersten Weltkrieg machte er eine Ausbildung in Architektur und arbeitete gemeinsam mit Ludwig Mies van der Rohe und Charles-Édouard Jeanneret – später besser bekannt unter dem Namen Le Corbusier – im Büro von Peter Behrens. Das Bauhaus zog viele Künstler dieser Zeit an, wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Schlemmer oder László Moholy-Nagy. Sie unterrichteten in den Bereichen Stein, Holz, Metall, Ton, Farbe und Textilien.

Gesuchte Designer. Auf dem Kunstmarkt gehören Bauhaus-Designer zu den begehrtesten. So widmete Sotheby's dem Bauhaus im Oktober vergangenen Jahres sogar eine eigene Auktion. Und auch das Wiener Dorotheum hat in der kommenden Designauktion am 7. November einen Fokus auf Bauhaus. Acht Lose kommen insgesamt zum Aufruf, darunter ein Tintenfass mit Federablage, entworfen von Marianne Brandt und ein Beistelltisch mit Zwischenablage Mod. B 12 von Marcel Breuer, einer der prominentesten Bauhaus-Designer und Erfinder der Stahlrohrmöbel. Der Tisch war Teil einer deutschen Marcel-Breuer-Privatsammlung. Besonders beachtenswert ist ein früher „Beugel Stoel“ von Gerrit Thomas Rietveld. Das Exemplar wurde in den 1930er Jahren von der Firma Metz & Co. ausgeführt und stammt aus der Sammlung Frank Müsers, der zusammen mit Alexander von Vegesack das Grundlagenwerk „Deutsche Stahlrohrmöbel“ schrieb. Der Stuhl kommt mit einem Schätzwert von 12.000 bis 15.000 Euro unter den Hammer.

Neben dem Fokus Bauhaus steht die Auktion stark im Zeichen von Ron Arad. Arad, 1951 in Tel Aviv geboren, gilt als einflussreichster Designer unserer Zeit. Massiv erscheinende Möbel aus Stahlblech, handgeschweißt, sind sein Markenzeichen. Er war Professor für Kunst- und Produktdesign in Wien und London, arbeitet aber auch erfolgreich mit Unternehmen zusammen. Er stellte im Centre Pompidou, auf der Documenta 8, im New Yorker MoMA, in dem von ihm entworfenen Design Museum Holon in Israel und diesen Sommer im Vitra Museum aus.

Mit Caroline Thormann gründete er im Jahre 1981 das Design- und Produktionsstudio One Off und 1989 Ron Arad Associates. Im Dorotheum kommt ein früher Prototyp des Bücherregals „This Mortal Coil“ zum Aufruf. Das zwischen 100.000 und 150.000 Euro geschätzte Regal aus deutschem Privatbesitz besteht aus einem gebogenem Streifen aus Stahl in Spulenform. An diesem sind Trennwände montiert, die die einzelnen Regaleinteilungen markieren. Zum Schätzwert von 40.000 bis 60.000 Euro wird zudem ein Exemplar aus der limitierten Edition des Sessels „Big Easy“ angeboten. Neben der Schaffung von limitierten Editionen im Rahmen seiner Studioarbeiten sowie Skulpturen im öffentlichen Raum, entwarf und entwirft Arad zudem für weltbekannte Unternehmen wie Vitra, Fiam, Moroso, Alessi, Cappellini, Cassina, Magis, Kartell und WMF. Aus einer dieser frühen Serienproduktionen kommt auch der „Well Tempered Chair“ für Vitra, der mit 9.000 bis 12.000 Euro taxiert ist.

Die Auktion bietet zudem Objekte aus der Sammlung des Wiener Designhändlers Peter Teichgräber, die Werke von Massimo Iosa Ghini, George J. Sowden, Andrea Branzi, Anna Anselmi und Mario Terzic umfasst. Im Bereich des zeitgenössischen Designs finden sich unter anderem Arbeiten von Gilbert Bretterbauer, Oskar Zieta, Luigi Colani, Patrick Rampelotto, Bernhard Hausegger, Eva Renée Nele Bode und Alfonzo Conzeta.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.