Alfred Kubins Welt der Schatten

Alfred Kubins „Frau von Welt“, um 1912/15, ist bei W&K in der Ausstellung „Alfred Kubin – Phantastische Welten“ zu sehen. Die 2011 im Käthe Kollwitz Museum ausgestellte Arbeit kostet 30.000 Euro.
Alfred Kubins „Frau von Welt“, um 1912/15, ist bei W&K in der Ausstellung „Alfred Kubin – Phantastische Welten“ zu sehen. Die 2011 im Käthe Kollwitz Museum ausgestellte Arbeit kostet 30.000 Euro.W&K, Wien
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Um das düstere Werk des vor 60 Jahren verstorbenen Zeichners Kubin zu schätzen, bedarf es Kennerschaft. Doch er hat international seine Sammler. In Wien widmet ihm W&K eine Ausstellung.

Düster, abgründig, zu Papier gebrachte Albträume, zeichnerisch virtuos, so stellt sich das Werk Alfred Kubins dar, dessen Todestag sich heuer zum 60. Mal jährt. Nicht umsonst wurde der österreichische Künstler später zum Illustrator berühmter Horrorliteratur wie der Edgar Allan Poes. Er zählt zu den bedeutendsten Vertretern des Symbolismus und Expressionismus, war Mitglied der Künstlervereinigung der Blaue Reiter und stellte 1912 bei deren zweiter Ausstellung mit aus. Schon zu seinen Lebzeiten kamen seine beklemmenden Darstellungen gut an. Der Blick in die tiefen menschlichen Abgründe faszinierte damals wie heute. Doch es ist keine leicht zugängliche oder dekorative Kunst und fordert eine gewisse Kennerschaft. Daher hat Kubin nie dieselbe internationale Bekanntheit erlangt wie Klimt, Schiele oder Kokoschka.

Weniger bekannt. „Klimt, Schiele und Kokoschka, diese internationalen Künstler aus Österreich kennt jeder, aber da gibt es noch einen – Alfred Kubin!“, sagte einst der legendäre New Yorker Kunsthändler Serge Sabarsky, der Kubin 1971 in seiner Galerie ausstellte. Diese Aussage gilt bis heute. Zwar ist sein Werk in wichtigen internationalen Museen vertreten, wie im New Yorker Metropolitan Museum oder im MoMa, in letzterem waren seine Arbeiten laut Archiv immerhin in 20 Ausstellungen zu sehen. Doch große Einzelausstellungen findet man kaum. Dass Kubins Name in den USA kein unbekannter ist, ist auch der Ausstellung der Neuen Galerie Ende 2008 zu verdanken.

Derzeit untersucht das Münchner Lenbachhaus, das auch das Kubin-Archiv besitzt, in der Ausstellung „Phantastisch! Alfred Kubin und der Blaue Reiter“, wie nah der Zeichner der Künstlergruppe tatsächlich stand. Sammlungsleiterin und Kuratorin Annegret Hoberg beförderte einige neue Erkenntnisse ans Tageslicht, darunter auch, dass es Wassily Kandinsky persönlich war, der Kubin 1904 zu seiner ersten Retrospektive in der Künstlervereinigung Phalanx verhalf.

In Wien zeigen derzeit Wienerroither & Kohlbacher anlässlich des 60. Todestages die Ausstellung „Alfred Kubin – Phantastische Welten“. (Bis 22. März) Annegret Hoberg wird dort am 24. Jänner zu einem Expertengespräch zu Gast sein. Die Ausstellung umfasst eine Auswahl an Zeichnungen und Grafiken, die vom Frühwerk über die polychromen Kleisterarbeiten bis zu den narrativen Illustrationen der Zwanziger- und Dreißigerjahre reichen. Auch ein seltenes Werk aus seinem letzten Schaffensjahr ist zu sehen.

Auf dem Kunstmarkt ist vor allem sein Frühwerk zwischen 1900 und 1907 sowie die Zehnerjahre begehrt. Hier werden wichtige Blätter für um die 200.000 Euro verkauft, sagt Alois Wienerroither, In den Zehnerjahren läge das Niveau immerhin noch bei 30.000 Euro. „Danach sinken die Preise recht schnell, weil Kubin sehr viel produziert hat und die Qualität nachließ. Er hat nicht mehr die Schärfe und Tiefe wie in seinem Frühwerk“, sagt Wienerroither. Zu den höchsten Preisen, die zuletzt auf Auktionen erzielt wurden, zählt „Sterbender Papst“ von 1905/06, das 2017 bei Sotheby's für 180.869 Euro zugeschlagen wurde. Der Rekord von 280.000 Euro für „Seegespenst“ ist aber seit 2002 ungebrochen.

Die Preisspanne der Arbeiten in der Ausstellung liegt zwischen 3500 und 95.000 Euro. Die teuerste Arbeit ist „Verbautes Haus“, um 1905/10, „Seeungeheuer“, entstanden um 1900, kostet 28.000 Euro, „Frau Welt“, um 1912/15, Aquarell über Federzeichnung, wird um 30.000 Euro angeboten. Letzteres war übrigens 2011 im Käthe Kollwitz Museum ausgestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2019)

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