Kampf zweier Kunstmessen

Die Galerie Ropac gab auf der Tefaf ihr Debüt mit Arbeiten von Georg Baselitz. Einer der Höhepunkte war „Blauer Elkekopf“.
Die Galerie Ropac gab auf der Tefaf ihr Debüt mit Arbeiten von Georg Baselitz. Einer der Höhepunkte war „Blauer Elkekopf“.Courtesy Private Collection & Galerie Thaddaeus Ropac
  • Drucken

Die zeitgenössische Frieze bekommt bei ihrem achten Auftritt stark die Konkurrenz der Tefaf zu spüren. Viele Galerien haben gewechselt.

Als die Kunstmesse Frieze vor mittlerweile acht Jahren zum ersten Mal ihre Zelte auf Randall's Island in New York aufschlug, sollte sie die Messeszene kräftig durchschütteln. Das coole britische Event zog rasch die großen Galerien an und stellte den New Yorker Platzhirschen Armory vor gewaltige Probleme. Selbst ein Ende der Armory stand im Raum. Jetzt kämpft die Frieze selbst mit Problemen. Der zeitraubende Weg von Manhattan auf die vorgelagerte Insel wurde nach der ersten Euphorie schnell zum Hemmnis. Im Vorjahr heizte sich das Zelt bei einer Hitzewelle trotz Klimaanlage auf Backofentemperatur auf und die Besucher blieben aus. Die Messeveranstalter mussten die Galerien teilweise finanziell entschädigen. 2017 wiederum gab es schwere Regenfälle, das Zelt zeigte undichte Stellen.

Die Folge: Immer mehr große und wichtige Galerien blieben weg und fanden im New Yorker Ableger der Tefaf (The European Fine Art Fair), die seit 2017 zweimal pro Jahr im Park Avenue Armory eine Messe veranstaltet, eine attraktive Alternative. Zumal Tefaf New York Spring auf moderne Kunst und Design ausgerichtet ist, und zeitgleich mit der Frieze stattfindet. Mit dem modernen, edlen Design, üppigen Blumenschmuck und einer Bekanntheit dafür, bei Preview und Vernissage die Gäste mit Austern und literweise Champagner zu verwöhnen, bietet sie das perfekte Setting für die reiche Park-Avenue-Crowd.

Und so wechselten Händler und Galerien wie Pace, Sprüth Magers, Almine Rech, Matthew Marks und Skarstedt von der Frieze zur Tefaf. 32 Abgänge hat die Frieze zu vermelden, darunter 17 Galerien der ersten Stunde, wie beispielsweise Marian Goodman, Esther Schipper und die Anton Kern Gallery. Doch diese Schwergewichte sind für die Attraktivität einer Messe wichtig. Sie ziehen wichtige Sammler, Kuratoren und Institutionen an. Die Frieze füllte die Lücken mit jüngeren New Yorker Galerien und Galerien aus Südamerika und China auf. Hier profitiert der Veranstalter vom Druck der Galerien, an internationalen Messen ausstellen zu müssen.

Ausverkauft am Eröffnungstag. Die österreichische Galerie Thaddaeus Ropac hat sich heuer ebenfalls zu einer Teilnahme an der Tefaf entschieden. Ropac bespielt heuer beide Messen. Das Debüt auf der Tefaf ist jedenfalls von großem Erfolg gekrönt gewesen, hat Ropac doch in nur wenigen Stunden den gesamten Stand verkauft. Georg Baselitz war eine gute Wahl. 38 Zeichnungen zu den Strandbildern gingen als Set um 1,1 Millionen Dollar weg. Zu den Höhepunkten zählte ein großformatiges Porträt seiner Frau, „Blauer Elkekopf“. Ropac entschied sich für einen kuratierten Stand, auf dem er Arbeiten von Baselitz mit Emilio Vedova in Bezug setzte. Baselitz und Vedova lernten sich in den frühen 1960er-Jahren kennen. Sie waren nicht nur eng befreundet, sondern schätzten gegenseitig ihre künstlerische Arbeit. So ist derzeit in der Fondazione Emilio e Annabianca Vedova in Venedig eine von Baselitz kuratierte Ausstellung von Vedova-Arbeiten zu sehen. Auf der Tefaf gehört „Untitled“ aus dem Jahr 1983, und somit aus einer der wichtigsten Schaffensperioden Vedovas, zu den Topwerken.

Auf der Frieze wiederum, auf der Ropac nunmehr der einzige österreichische Galerist ist, sind neue Arbeiten von Robert Longo, Alex Katz, Sylvie Fleury und dem jungen britischen Künstler Oliver Beer, der am 1. Juli erstmals im Met Breuer gezeigt wird. Ergänzend hat Ropac bedeutende Werke von Robert Rauschenberg und Rosemarie Castoro im Programm, wie etwa Rauschenbergs „Bowery Parade“ von 1989. Das Werk ist Teil der Borealis-Serie, bei der der Künstler zwischen 1988 und 1992 Fotos im Siebdruckverfahren auf Messing-, Kupfer- und Bronzeplatten übertragen und mittels Flüssigkeiten chemische Reaktionen an der Oberfläche hervorgerufen hat. Mit ihren reflektierenden Oberflächen verändern sich die Werke der Serie je nach Blickwinkel und spielen damit auf die sich ständig verändernde Wirklichkeit der Moderne an. Rauschenberg betitelte die Serie nach dem Naturphänomen Aurora Borealis, also den Nordlichtern.

Doppelbesetzung. Ropac war nicht der Einzige mit Doppelbesetzung. Die Londoner Galerie White Cube hat sich ebenfalls für eine Teilnahme an beiden Messen entschieden. Auf der Frieze zeigt sie neue Arbeiten von Tracey Emin und Magnus Plessen. Für die Tefaf hat sie sich für etablierte Künstler des Sekundärmarktes entschieden. Während auf der Frieze Arbeiten für mehr als eine Million Dollar kaum zu verkaufen sind, ist auf der Tefaf auch ein Gauguin um 20 Millionen Dollar nicht deplatziert. So stattete White Cube ihren Stand auf der Tefaf beispielsweise mit der Arbeit „Gone“ von Mark Bradford für 2,75 Millionen Dollar und David Hirsts Medikamentenschrank „Did You No Wrong“ für 2,5 Millionen Dollar aus.

Der Erfolg der Tefaf ist sicherlich nicht allein dem schicken, qualitätvollen Ambiente geschuldet, sondern einem Trend zu etablierter Kunst am Markt. So setzt auch die Frieze seit ein paar Jahren erfolgreich auf Wiederentdeckungen von Künstlern des 20. Jahrhunderts. „Spotlight“ heißt die Sektion, die vor allem Kuratoren anzieht. Dort hat etwa die Marlborough Gallery eine Stoffskulptur von Red Groom angeboten. „The Bus“, ein begehbarer Linienbus aus New York, wurde noch am ersten Tag für 550.000 Dollar verkauft. Paul Kasmin hat sich für Keith Sonnier, entschieden, der zuletzt wieder mehr Aufmerksamkeit genießt. Er hat auch Arbeiten von Max Ernst, William Copley, Roxy Paine und Lee Krasner dabei, allesamt lang etablierte Künstler.

Die Frieze bemüht sich, mit mehr Initiativen zu punkten, darunter mit Electric, bei der erstmals Virtual-Reality-Kunst gezeigt wird, oder der Art-Brut-Schau „The Doors of Perception“, die immerhin mit 300 Arbeiten aufwartet.

Auf der Tefaf sind neben Ropac auch die Wiener Händler Wienerroither & Kohlbacher vertreten sowie Beck & Eggeling, die seit ein paar Jahren auch eine Niederlassung in Wien haben. Diese bietet Werke der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura im Dialog mit einer Auswahl an Werken von Emil Nolde, Jean Fautrier, Max Ernst, Joseph Beuys und Louise Bourgeois. W & K haben eine Auswahl an Werken von Gustav Klimt, Egon Schiele und anderen Wiener Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts im Programm. Zudem bieten sie anlässlich des Bauhaus-Jubiläums ausgewählte Werke von Lyonel Feininger. Ergänzt wird das Angebot von deutschen Expressionisten wie George Grosz und Karl Schmidt-Rottluff sowie internationaler Künstler der klassischen Moderne wie Pablo Picasso und Georges Braque.

Auf der Tefaf befinden sich die ganz großen Namen der Kunst in hoher Dichte und auf engstem Raum. Pace gibt ihr Debüt mit wichtigen Arbeiten von Jean Dubuffet aus den Jahren 1965 bis 1981, David Zwirner fährt mit herausragenden Arbeiten von Paul Klee auf. Er vertritt seit Kurzem exklusiv die Familie Klee. Und Hauser & Wirth setzt drei Künstlerinnen in Szene: Maria Lassnig, Louise Bourgeois und Alina Szapocznikow.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.