Eike Schmidts Absage als Direktor des KHM sorgt weiter für Wirbel. „Wir hoffen, dass es nicht zu diplomatischen Problemen mit Österreich kommt“, heißt es gar aus Rom. Schmidt informierte das KHM bereits vergangene Woche.
Das italienische Kulturministerium will von der kurzfristigen Absage Eike Schmidts an das Kunsthistorischen Museum (von der „Die Presse" exklusiv berichtete) nichts gewusst haben. Auch wenn der Verdacht nahe liegt, dass die Italiener in letzter Sekunde ein gutes Angebot geschnürt haben, um Schmidt zu halten: Sie zeigen sich überrascht. "Schmidt hat uns nicht mitgeteilt, dass er auf die Generaldirektion des KHM verzichtet hat. Wir haben von ihm keine direkte Information, wir haben lediglich von Medien erfahren, dass er auf den Posten verzichtet hat“, ließ Roms Kulturministerium verlauten.
Der Sprecher von Italiens Kulturminister Dario Franceschini fügte noch an: „Wir hoffen, dass es nicht zu diplomatischen Problemen mit Österreich kommt“. Gerüchte über einen möglichen Verbleib Schmidts als Uffizien-Direktor könne er nicht kommentieren.
Morandi schloss allerdings nicht aus, dass es in den vergangenen Tagen zu Kontakten zwischen dem Kulturministerium und Schmidt gekommen sei. Vermutet wird in Italien, dass Schmidt auf den KHM-Chefsessel verzichtet habe, weil er vom italienischen Kulturminister Franceschini einen neuen vierjährigen Vertrag als Uffizien-Direktor erhalten habe. Österreichs Außen- und Kulturminister Alexander Schallenberg hatte sich am Vortag von der Absage deutlich irritiert gezeigt.
Auch aus den Uffizien war nichts zu erfahren. Der 51-jährige Schmidt sei derzeit in Wien bei einer Tagung des Verbands österreichischer Kunsthistoriker, so der Verweis.
Schmidt informierte Kuratorium vergangene Woche
Unterdessen hieß es in Wien, das KHM-Kuratorium bereits vergangene Woche von Schmidt informiert worden sein. Das teilte die Kuratoriumsvorsitzende, Ulrike Baumgartner-Gabitzer, in einem Statement am Mittwoch mit.
"Ich habe Eike Schmidt am 25.9. persönlich in Wien getroffen. In diesem Gespräch hat er mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er die Geschäftsführung des Kunsthistorischen Museum nicht antreten wird, sondern in Florenz (wo er als Direktor der Uffizien fungiert, Anm.) bleiben wird. Laut seiner Aussage hat er Sabine Haag bereits am Vorabend - ebenfalls in einem persönlichen Gespräch - über diesen Sachverhalt informiert", heißt es darin. Baumgartner-Gabitzer habe daraufhin auch "das Kabinett des zuständigen Bundesministers informiert".
Neuer alter Kulturminister in Rom
Der Sozialdemokrat Franceschini ist seit einem Monat wieder Kulturminister in Italien. Er hatte den Posten bereits zwischen 2014 und 2018 besetzt und eine einschneidende Museumsreform über die Bühne gebracht. Diese hatte ausländischen Kulturmanagern wie Schmidt die Tore der prestigereichsten italienischen Museen geöffnet. Der Tiroler Peter Assmann wurde 2015 zum Direktor des Herzogspalasts in Mantua ernannt. Der Linzer Peter Aufreiter rückte zum Direktor der Galleria Nazionale delle Marche in der mittelitalienischen Stadt Urbino auf.
Eike Schmidt
Franceschinis Nachfolger Alberto Bonisoli, der von Juni 2018 bis August 2019 im Amt war, hatte jedoch die Museumsreform zum Teil rückgängig gemacht. Das Mandat einiger ausländischer Direktoren wurde nicht verlängert. Assmann übernimmt im November die Leitung der Tiroler Landesmuseen, während Aufreiter ab 1. Jänner 2020 als Direktor des Technischen Museums Wien amtieren wird. Mit Franceschinis Wiederernennung zum Kulturminister wird wieder mit einem ausländerfreundlicheren Kurs in Italiens Kulturpolitik gerechnet.
Eike Schmidt, geboren am 22. April 1968 in der deutschen Studentenstadt Freiburg, studierte Kunst an der Universität Heidelberg. 2001 wurde er Kurator an der National Gallery of Art in Washington. Von 2006 bis 2008 war er im Getty Museum in Los Angeles tätig. Ein Jahr war Schmidt beim Auktionsriesen Sotheby's in London angestellt, bevor er ab 2009 in den USA die Skulpturenabteilung am Minneapolis Institute of Arts führte.
Den bisherigen Karrierehöhepunkt erklomm Schmidt 2015. Das italienische Kulturministerium entschied, die Führungspositionen renommierter Kulturinstitutionen mit Ausländern zu besetzten - allen voran die Uffizien mit Eike Schmidt. Er war der erste Ausländer an der Spitze der einstigen Privatsammlung der Medici seit deren Gründung vor rund 500 Jahren. In der zweiten Jahreshälfte 2019 sollte er den Leitungsposten am Kunsthistorischen Museum Wien übernehmen. Nun sagte er aber überraschend ab.
(APA/red.)