Fotografie: Kinderspielzeug am Totenbett

Fotografie Kinderspielzeug Totenbett
Fotografie Kinderspielzeug Totenbett(c) Leopold Museum
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Die Fotoausstellung "Magie des Objekts" im Leopold Museum zeigt Bilder von Fleisch, künstlichen Früchten und vor allem vom Tod.

Ungewohntes bietet die Schau "Magie des Objekts", die erst dritte Fotoausstellung im Leopold Museum Wien, schon auf den ersten Blick: Mehr als 20 Bilder hängen im Foyer des zweiten Untergeschoßes neben- und obereinander, Blumen, Landschaften, Gesichter, Körper und eine Totenmaske. Es ist jene Adalbert Stifters, und sie verweist schon auf eine der vielen Linien, die sich durch die diverse Ausstellung ziehen: Es ist die Spur des Todes.

Das Stifterporträt gehört zu einer Serie, in der die deutsche Theaterfotografin Rosemarie Clausen Todesmasken "großer" (verreinahmter) Deutscher in den 1940er Jahren abgelichtet hat und die im hinteren Winkel des größeren der beiden Räume ausgestellt ist. In dem schmalen Gang, der hineinführt, hängen auf tiefroten Wänden Bilder der Gipsfiguren von Pompeji, Negativabdrücke sich im Sterben windender Menschen (das Gips wurde in die Hohlräume, die die Leichen hinterließen, gegossen). Dazwischen zwei Fotos von Künstler und Kurator Fritz Simak, ein Skelett in edlem Gewand und eine "Farbschüttung": Grelles Blau umspült ein scheinbar regloses Männergesicht. Gegenüber flirtet eine unbekleidete junge Frau innig mit einem Skelett.

Ein Teddy für den letzten Augenblick?

Es sind aber nicht die Gesichter der Toten, die betroffen machen, sondern das Unsichtbare: Valerie Loudon fotografierte die Nachtkästchen von Menschen im Altersheim, als Titel wählte sie Vorname und Geburtsjahr der Nicht-Abgebildeten. "Maria, 1909" hat am Krankenbett bunte Spielzeugfiguren versammelt, ein Radio und einen blasslila Teddybär. Sind das die Dinge, die man beim letzten Atemzug zum Greifen nahe haben will? Oder ist es ein Päckchen Zigaretten und ein Wecker, der fünf vor Zwölf zeigt, wie bei "O.A., 1922"? Wenige Meter weiter scheint das Leben zu strahlen: Grellbuntes Obst, allerdings hat Robert F. Hammerstiel täuschend echte Nachbildungen zu dem Stillleben "Made by Nature - Made in China" arrangiert.

Die so unterschiedlichen Bilder aus drei Jahrhunderten stammen aus dem Eigentum des Kurators Fritz Simak und von Andra Spallert, die gemeinsam eine Sammlung unter dem Label "Sputnik" ins Leben gerufen haben. Simaks Zugang zur Fotografie habe das Arrangement der fotografischen Arbeiten geprägt: "Wenn etwas Ähnliches neben einander hängt, muss man genauer hinsehen", meint Spallert. Besonders deutlich wird das bei den Fleischbildern im kleineren Nebenraum: Fotos einer Rindfleischmesse mit dem Motto "Esst mehr Rindfleisch" korrespondieren mit einem von Hermann Nitschs "Orgien-Mysterinspielen", daneben scheinen sich zwei abgeschnittene Kuhkopfe zuzulächeln (Madame d'Ora).

Nicht nur die Sujets der rund 200 Fotos, auch die Schöpfer der Kunstwerke sind gemischt: Neben Fotografiestars wie Ansel Adams, Nobuyoshi Araki oder Edward Weston sind auch Werke junger Österreicher im Museum ausgestellt - das ist der Sammelleidenschaft von Spallart geschuldet, die sich erst spät um Stringenz bemüht hat. Gemeinsam haben sie den Bezug zum Titel der Ausstellung, zeigen Objekte, die in ihrer Abbildung die Zeit überdauern. Das Magische an Fotografie eben.

''Die Presse''-Leser-Aktion!

MAGIE DES OBJEKTS. PHOTOGRAPHIE AUS DREI JAHRHUNDERTEN

Der Künstler und Kurator Fritz Simak zeigt im Leopold Museum erstmals eine Auswahl von Fotoarbeiten aus dem SPUTNIK Fundus.



10. Juni 2011 bis 3. Oktober 2011
Leopold Museum, Museumsplatz 1, 1070 Wien
Nähere Informationen unter: www.leopoldmuseum.org

Außerdem noch bis 25. Juli zu bestaunen: "GLANZ EINER EPOCHE – Jugendstil-Schmuck aus Europa"

Leser-Aktion! Mit der „Presse am Sonntag“ unterm Arm freier Eintritt.

DiePresse.com/amsonntag

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