Frag nach bei Alice: Drogenklassiker für die Jugend

Bücher über Drogen wirken bei Jugendlichen nicht nur abschreckend – sie können auch eine abenteuerliche Faszination entfalten.

Es war eine Zeit, als die Großmutter ihren Enkeln vom „Rauschgift“ erzählte, dass man Haschisch spritzt und man von Heroin sofort süchtig wird. Als das Buch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ 1978 erschien, war Drogensucht in vielen Familien ein exotisches Phänomen, über das man nicht viel wusste. Und es dauerte nicht lange, bis es die Geschichte von Christiane F. in den Schulunterricht schaffte, um dort Jugendlichen aufzuzeigen, wohin Drogensucht führen kann. Als abschreckendes Beispiel sollte das Schicksal von Deutschlands berühmtester Drogensüchtigen dienen.

Allein, bei all dem Schrecken entdeckten viele jugendliche Leser auch so etwas wie Faszination. Probleme mit den Eltern, erste Liebe und die Wirren der Pubertät, wie sie Christiane F. erlebte, kannten und kennen viele Jugendliche aus eigener Erfahrung. Und der Weg, wie das Mädchen immer tiefer in die Drogenszene Berlins schlitterte, hatte auch etwas Abenteuerliches. Was mit dazu führte, dass Klassenfahrten nach Berlin auch beim Bahnhof Zoo haltmachten, wo die Schüler „Abenteuerluft“ schnuppern konnten.


„Go Ask Alice“. Neben dem im deutschen Sprachraum populären Buch schaffte es auch ein weiteres Jugendbuch über Drogen immer wieder in den Schulunterricht: „Go Ask Alice“, in der deutschen Version „Fragt mal Alice“ ist ein Tagebuch eines 15- bis 17-jährigen Mädchens, das ein verhältnismäßig langweiliges Leben führt – bis es in den Sommerferien auf einer Party ohne ihr Wissen LSD nimmt. Und so wie Christiane F. taucht das Mädchen immer tiefer in den Drogensumpf. Zerrissen zwischen ihren Freunden, ihrer Familie und mehreren Therapieversuchen verläuft ihr junges Leben als Horrortrip, ehe sie am Ende ein einigermaßen geregeltes Leben zu führen scheint. Und sie beschließt, kein Tagebuch mehr zu führen. Drei Wochen später, erfahren die Leser im Epilog, wird das Mädchen tot gefunden.

Als authentisches Werk beschrieben, das zum Schutz der Autorin mit der Autorenangabe „Anonym“ erschien, stammt das Buch in Wirklichkeit von Beatrice Sparks – einer Autorin, die mehrere fiktive Tagebücher von Jugendlichen geschrieben hat, unter anderem zu Themen wie Aids, Satanismus und eben Drogenmissbrauch. 1971 erschienen, gilt „Go Ask Alice“ nach wie vor als ein Klassiker der Jugendliteratur.

Sowohl „Go Ask Alice“ als auch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ können Kindern und Jugendlichen vor Augen führen, wie man in die Drogensucht schlittern kann. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass sich die Drogenszene seit Entstehen der Bücher massiv geändert hat. Heroin ist ein vergleichsweise geringes Problem, dafür werden legale Drogen wie Alkohol und Nikotin nicht angesprochen. Klar muss auch sein, dass die Lektüre eines solchen Buches auch neugierig machen kann – Abschreckung ist in der Suchtprophylaxe nicht immer das beste Mittel. Und schließlich darf man sich auch nicht der Illusion hingeben, dass Suchtprävention mit der Lektüre eines einzelnen Buches erledigt wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

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