Georg Diez: Der Tod ist stets voraus

(c) Kiepenheuer und Witsch
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In "Der Tod meiner Mutter" zeichnet Georg Diez einfühlsam das Leben einer streitbaren Frau nach und berührt mit der Schilderung ihres Sterbens.

Ein Journalist erzählt in Ichform vom Tod seiner Mutter. Ein weiteres Ichbuch in Regalen voller Ichbücher? Die Frau ist an Krebs erkrankt. Ein weiteres Krebsbuch auf Stapeln von Krebsbüchern? Nein, denn Georg Diez erzählt eben nicht von sich, sondern von seiner Mutter.

Der 40-jährige Autor, der für die „Süddeutsche Zeitung“ arbeitet, beschreibt die Jahre zwischen der ersten Diagnose und dem Sterben. Und zeichnet (oft mit zu pathetischem Unterton) die nicht immer einfache Lebensgeschichte einer nicht immer einfachen Frau. Dabei spürt er mit viel Empathie, der Liebe eines Kindes und kaum versteckter Bewunderung die Motive für ihre Lebensentscheidungen auf. Warum sie sich von ihrem Mann getrennt, für ihren Beruf aufs Familienleben verzichtet hat, aber – vor allem auch – warum sie so und nicht anders mit ihrer Krankheit umgeht.

Während das Buch zu Beginn scheinbar erratisch Kleines und Großes nebeneinanderstellt, ergibt sich nach und nach das Bild einer starken Persönlichkeit, die am Ende grimmig mit dem Tod ringt. Die Schilderung dieser letzten Monate im Leben (ja, das scheint dem Autor ganz wichtig zu sein, es ist immer noch ihr Leben trotz der schweren Krankheit) der Hannelore Diez entwickeln große Kraft.

Wie die Frau versucht, mit kleinen Ritualen ihren Tagen Struktur zu geben. Wie sich die Kranke zusehends weniger an Konventionen gebunden fühlt und konsequent entscheidet, mit wem und was sie die nun so knapp gewordene Zeit zu teilen bereit ist. Georg Diez gelingt es, diese nicht immer sympathischen Entscheidungen plausibel zu machen.

Ein besonderes Buch. flo

Georg Diez, Der Tod meiner Mutter, Verlag Kiepenheuer&Witsch, 200 Seiten, 17,50 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2009)

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