Die Kultur der rechten Meinung: Kontroverse um Uwe Tellkamp

Tellkamps bekanntester Roman "Der Turm" handelt von den letzten sieben Jahren der DDR bis zur Wende. Ein Bild aus dem Jahr 2012.
Tellkamps bekanntester Roman "Der Turm" handelt von den letzten sieben Jahren der DDR bis zur Wende. Ein Bild aus dem Jahr 2012.(c) imago stock&people (imago stock&people)
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Der Autor des Erfolgsromans "Der Turm" löste mit Äußerungen über Flüchtlinge eine Diskussion aus. Der Suhrkamp-Verlag distanzierte sich von ihm.

Die Leipziger Buchmesse beginnt erst am Donnerstag, aber schon jetzt ist klar, dass es dabei erneut um das politische Rechts gehen wird. Genauer gesagt: Um den Umgang des Literaturbetriebes mit rechten Verlagen, rechten Autoren und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Wie schwer dabei eine Grenzziehung fällt, zeigt die Kontroverse um den Schriftsteller Uwe Tellkamp.

Im Diskurs mit dem Lyriker Durs Grünbein ließ Tellkamp wohl auch Sympathien für die AfD und die neue Rechte erkennen. Bei diesem Thema geht schon lange ein Riss durch die sächsische Gesellschaft.

Wohlgemerkt: Der Streit der Literaten im Dresdner Kulturpalast war so geplant und im Titel schwarz auf weiß zu lesen: "Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?" - insofern ist eigentlich auch alles gut gelaufen. Die Empörung und die Empörung über diese Empörung setzte erst richtig ein, als der Suhrkamp-Verlag am Freitag auf die umstrittenen Äußerungen Tellkamps reagierte und sich von seinem Autor distanzierte.

Ob der Verlag damit "die Gesinnungshoheit bestimmen" oder schlicht seine Meinung sagen will, ob er lieber unparteiisch und für Meinungsvielfalt sein sollte und auf die eine oder andere Art sein Markenimage schädigt, wurde auf Twitter anschließend heftig diskutiert.

Tellkamp über die Motive von Flüchtlingen

Und was hatte der 49-jährige Tellkamp nun gesagt? Zu den Motiven von Flüchtlingen meinte er unter anderem: "Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent."

Nach dem Suhrkamp-Tweet (nicht die Haltung des Verlags) sah sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer genötigt, Tellkamp zur Seite zu springen. Der CDU-Politiker sagte, der Autor sei ihm als kritische Stimme willkommen. "Ärgerlich ist die schon wieder beginnende Stigmatisierung." Er wünscht sich eine Diskussion in der Sache und warnt: "Wenn ein Streitgespräch zur Verurteilung einer Person führt, darf man sich nicht wundern, wenn keine offene Debatte mehr geführt wird."  Auch auf der Seite des Autors von "Der Turm" (2008) ist offenkundig die ehemalige deutsche Familienministerin Kristina Schröder:

Sachsen Kunstministerin Eva-Maria Stange sieht das mit dem sachlichen Diskurs im Fall "Tellkamp" anders. Zwar handle es sich um des Schriftstellers "Privatmeinung, die ich nicht teile", stellt die SPD-Politikerin klar. Aber: "Verallgemeinerungen dieser Art geben denen Futter, die mit ausländerfeindlichen Parolen das gesellschaftliche Klima vergiften."

In der "Charta 2017", die von einer Dresdner Buchhändlerin wegen des ihrer Meinung nach unfairen Umgangs mit rechten Verlagen bei der Frankfurter Buchmesse ins Leben gerufen wurde, ist die Rede von einer "Gesinnungsdiktatur", die nicht mehr weit entfernt sei. Tellkamp hatte sie unterzeichnet und den Vorwurf jetzt in Dresden wiederholt. Bei der Messe in Leipzig ist das Thema damit wieder gesetzt.

(APA/dpa/Red.)

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