Édouard Louis: Er will ein Shakespeare sein, der Macron stürzt

 Sein Debüt, „Das Ende von Eddy“ machte Édouard Louis 2014 zum international gefeierten Jungautor. Nun wünscht sich der Anhänger der Gelbwesten eine Revolution gegen die „Mörder“ seines Vaters. Ist sein Buch nicht selbst eine Art Vatermord?
Sein Debüt, „Das Ende von Eddy“ machte Édouard Louis 2014 zum international gefeierten Jungautor. Nun wünscht sich der Anhänger der Gelbwesten eine Revolution gegen die „Mörder“ seines Vaters. Ist sein Buch nicht selbst eine Art Vatermord?(c) S. Fischer
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Édouard Louis nennt in „Wer hat meinen Vater umgebracht“ Frankreichs Präsidenten als dessen Mörder und will sich auf spezielle Art rächen. Hat der politische Hype um ihn den Literaturjungstar größenwahnsinnig gemacht?

„Für mich war es so: Jeder, der eine Gelbweste beleidigte, beleidigte meinen Vater“, schrieb Édouard Louis zu Beginn der Gelbwesten-Bewegung. Da war schon sein neues Buch in Frankreich veröffentlicht, nun ist es auch auf Deutsch erschienen: eine literarische Anklage, in der Louis die „Mörder“ seines Vaters benennt, sich selbst aber als Autor erledigt.

Die enorme Aufmerksamkeit, die das 70-Seiten-Büchlein „Wer hat meinen Vater umgebracht“ international findet, erklärt sich vor allem durch Louis' bisherige Karriere. 21 Jahre war der damalige Soziologiestudent alt, als sein Debütroman, „Das Ende von Eddy“, 2014 zur Sensation geriet. Darin schildert er die Leidensgeschichte des Arbeitersohns Eddy Bellegueule (Louis' früherer Name), der in einem von Armut, Alkohol und Gewalt geprägten Milieu wegen seiner Homosexualität verachtet wird – nicht zuletzt von seinem eigenen Vater. Einer der ersten Sätze darin lautete hellsichtig: „Das Leiden ist totalitär. Es eliminiert alles, was nicht in sein System passt.“ Doch 2014 war auch das Jahr, in dem der Front National bei den Europawahlen triumphierte. Louis' Porträt der französischen Provinz als rassistisch, homophob und von der „herrschenden Klasse“ vergessen passte als Deutung perfekt. Die Familie des Autors brach mit ihm, dafür war er Frankreichs neuer literarischer Jungstar.

„Chirac machte deinen Darm kaputt“

Vier Jahre später hat die Familie sich wieder versöhnt und Louis dem Buch gegen den Vater das Buch für den Vater hinzugefügt: ein Buch über dessen von der Politik zerstörten Körper, und zwar in Form einer an den Vater gerichteten Erzählung. Fazit: „Jacques Chirac und Xavier Bertrand machten deinen Darm kaputt“; „Nicolas Sarkozy und Martin Hirsch haben dir das Rückgrat gebrochen“; „Hollande und El Khomri haben dir die Luft genommen.“ So belehrt der Sohn den Vater, der seinerseits mit einem Schlusszitat die Moral von der Geschicht' ziehen und den Sohn bestätigen darf: „Was es brauchte, das ist eine ordentliche Revolution.“ Für diese engagiert sich der Sohn auch außerhalb der Literatur. Die Gelbwesten seien „ein Rorschachtest für die Bourgeoisie“, schrieb er. Als auch Macron sich für sein neues Buch interessierte, sah er sich instrumentalisiert und twitterte: „Ich schreibe, um denen Waffen zu geben, die gegen Sie kämpfen.“

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