Zu viert auf der Insel

Jan Christophersen: „Ein anständiger Mensch“
Jan Christophersen: „Ein anständiger Mensch“Mare
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Jan Christophersen lässt einen prominenten Anstandsonkel ins Wanken geraten – und führt ihn mit all seinen Schwächen vor.

Zwei Pärchen, eine einsame Insel – und ein Roman, der weniger erwartbar ist, als es diese Konstellation zunächst suggeriert, auch wenn es tatsächlich (auch) um sehr Zwischenmenschliches geht.

Steen Friies ist irgendwas zwischen Philosoph und Ratgeberautor und, als Autor mehrerer Bücher zu Fragen des Anstands, der Moralapostel der (deutschen) Nation. Sein Rückzugsort ist ein kleines Haus in Dänemark, in dem ihn normalerweise höchstens seine Frau Frauke, eine Psychologin, besucht.

Doch nun haben die beiden auch seine Verlagsvertreterin Ute, mit der Steen durchaus ein gewisses Naheverhältnis pflegt, und deren neuen Lebensgefährten Gero eingeladen. In Steens Augen ein Angeber – für den seine Frau allerdings durchaus Sympathien hegt. Man wandert, sammelt Pilze, umkreist sich. Bis Frauke ihren Mann an ein Eheversprechen erinnert: sich die Freiheit zu lassen.

All das gliedert sich in ein Davor und ein Danach: in die Zeit vor jenem (selbst verschuldeten?) Unglück, das den Inselaufenthalt abrupt beendet, und in die danach – wobei ersterer Teil sich spannender liest. Das amouröse Dilemma dient dem 1974 geborenen Norddeutschen Jan Christophersen dabei freilich nur als Aufhänger, um sein linksintellektuelles Alphamännchen zu zerlegen: den gesettelten Welterklärer, der von irgendwann vorgebrachten Thesen lebt, die er selbst nicht mehr hören kann, der vorgefertigte Geschichten auf Lager hat – und dabei eigentlich nur Angst. TES

Jan Christophersen: „Ein anständiger Mensch“, Mare, 352 Seiten, 24,70 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2019)

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