Ein zynischer Meister der Übertreibung. Ein Staatsdichter, der verehrt und gehasst wird. Ein Melancholiker, bei dem die Kunst auch von seiner Krankheit bestimmt wird. Für manche ist er ein Gigant, für andere ist sein Werk voller Gehässigkeit. Thomas Bernhard polarisiert bis heute.
21.Oktober 1976: In Stockholm wird Saul Bellow der Literaturnobelpreis zuerkannt, während an jenem Schicksalstag ein anderer großer Dichter um sein Leben bangt: Thomas Bernhard. Auf dem Flug von Wien nach London kurz nach dem Start – die Reiseflughöhe von 10.000 Metern ist schon erreicht – explodiert das rechte Triebwerk. Panik. Verzweiflung. Gedanken an das Ende. Doch der Pilot der Billig-Airline Monarch schafft es gerade noch, nach Schwechat zurückzufliegen. Bernhards Gefühle hat Hilde Spiel in einem Interview dokumentiert: Er habe nur über sein letztes Buch nachgedacht, ob man damit „aus dem Leben gehen kann“. Später meint er: „Alles ist lächerlich, wenn man an den Tod denkt.“
Die Verleihung des Kleinen Österreichischen Staatspreises wird 1968 zum ersten Skandal im Leben des Provokateurs. Bernhard findet das Zeremoniell „abstoßend und ekelerregend“, nimmt den Preis aber an. Er beschimpft im Beisein des fassungslosen Ministers Theodor Piffl-Perčević Österreich als „ein Gebilde, das fortwährend zum Scheitern, ein Volk, das ununterbrochen zur Infamie und zur Geistesschwäche verurteilt ist“. Der Unterrichtsminister springt auf, brüllt „Wir sind aber trotzdem stolze Österreicher!“ – um sofort wütend den Saal zu verlassen. Im Buch „Meine Preise“ bekennt Bernhard später: „Ich bin nicht gewillt, fünfundzwanzigtausend Schilling abzulehnen, sagte ich, ich bin geldgierig, ich bin charakterlos, ich bin selbst ein Schwein.“