Gebührenerhöhung: Schlechtes Signal

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ANALYSE. Der Stiftungsrat soll morgen die Rundfunkentgelte entsprechend General Wrabetz' Antrag erhöhen. Dabei findet die EU-Kommission schon jetzt, der ORF habe zu viel davon.

Wien. „Die grundsätzliche Finanzierung des ORF sei außer Streit gestellt“: Das „vermerkte“ ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Donnerstag im Gespräch mit der „Presse“ als „sehr positiv“, nachdem der Prüfungsbericht der EU-Kommission zum ORF in Wien eingelangt war. Dieser ist an die Republik Österreich gerichtet, Medienministerin Doris Bures (SP) hat nun ein Monat Zeit, Stellung zu nehmen. Es seien Änderungen am ORF-Gesetz vorzunehmen, sagte sie in einer ersten Reaktion.

Ganz so „außer Streit“ stellt der Bericht die Finanzierungsstruktur des ORF nicht. Die Kommission schlägt etwa vor, die bestehende „Beihilferegelung“ (die Gebührenfinanzierung) entweder inhaltlich zu ändern oder schlimmstens diese Art der Finanzierung gar abzuschaffen, wenn sie mit dem „gemeinsamen Markt“ nicht vereinbar sei. Ob sie das ist, muss erhoben werden.

Gebühren trotzdem erhöhen?

Dabei wollte der Stiftungsrat am Samstag eigentlich in die entgegengesetzte Richtung marschieren – und eine Gebührenerhöhung um 9,4 Prozent ab Juni beschließen. Georg Weißmann, Vorsitzender des Publikumsrats, erneuerte nach Eintreffen des EU-Berichts den Appell seines Gremiums, die Gebührenerhöhung nicht zu beschließen und erst eine „gründliche Nachdenkpause“ einzulegen.

Von den 30 stimmberechtigten Stiftungsräten (die fünf im Stiftungsrat vertretenen Betriebsräte sind das nicht) wollten die 13 SP-nahen allerdings eine Mehrheit für Wrabetz' Antrag aufstellen. Im Vorfeld des Stiftungsrats wurde aber gemunkelt, dass die ÖVP den Beschluss zur Gebührenerhöhung in jedem Fall verhindern will – und sei es mit dem Mittel, bei der Sitzung so spärlich zu erscheinen, dass kein Quorum (15 Personen) zusammenkommt. Der schwarze „Freundeskreis“-Leiter Franz Medwenitsch: „Es werden sicherlich einige nicht kommen können, weil es ein Samstag ist. Aber da steckt keine Taktik dahinter.“ Allerdings: „Mit dem Wissen, dass Brüssel das ORF-Finanzierungssystem nicht im Einklang mit EU-Recht sieht, ist ein Gebührenbeschluss im Stiftungsrat am Samstag für mich schlicht ausgeschlossen.“

Dennoch rechnen viele Stiftungsräte damit, dass es zu einer regulären Sitzung kommt und die Gebührenerhöhung durchgeht. Sie sehen Anzeichen dafür, dass das BZÖ Wrabetz' Antrag unterstützen wird – eine der beiden orangen Stiftungsräte, Huberta Gheneff, wollte sich dazu nicht äußern. Dennoch warnen einzelne Räte: „Wenn es zur Gebührenerhöhung kommt, fasst die EU-Kommission das als Kriegserklärung auf.“ Schließlich beurteilt die Union den ORF schon jetzt als mit Gebühren überfinanziert.

Von gutem Willen keine Spur

Eine mögliche Konsequenz daraus könnte sein, dass die Kommission noch strenger prüft. Bei den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF hat die EU das (wie nun beim ORF laufende) Vorverfahren eingestellt, nachdem Deutschland und seine Sender Verbesserungsmaßnahmen zugesagt hatten. Solchen guten Willen würde man in Österreich mit der Gebührenerhöhung nicht gerade signalisieren. Aufgrund einer „frechen“ Entscheidung des Stiftungsrats könnte auch die Frist, die Bures bleibt, um der EU-Kommission zu antworten und die Wrabetz erwartet, nicht auf zwei Monate verlängert werden. Andererseits bleibt Wrabetz angesichts der dramatischen Finanzlage keine andere Wahl: Selbst mit der Gebührenerhöhung kommt man – nach Rügen des Stiftungsrats – 2009 und 2010 bloß auf eine schwarze Null.

Immerhin hatte Wrabetz die Kritik der EU schon geahnt und im Sommer 2007 ein Kompetenzzentrum für Public-Value, „öffentlich-rechtlichen Mehrwert“, gegründet, das „Bewusstsein“ für den gesetzlich vorgegebenen Programmauftrag schaffen soll. Bis Ende 2007 wurde ein Kriterienkatalog zur Konkretisierung des Auftrags versprochen – den nun auch die Kommission einfordert. Klaus Unterberger, Public-Value-Beauftragter im ORF: „Wir haben eben ein Qualitätssicherungssystem erarbeitet und dem Stiftungsrat vorgelegt. Dieses umfasst insgesamt fünf Dimensionen mit 20 Indikatoren, anhand derer der öffentlich-rechtliche Auftrag bewertet wird. Die EU-Auflagen werden den öffentlich-rechtlichen Rundfunk langfristig sichern.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2008)

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