"The Gap": "Mehr Milieu als Magazin"

 „Gap“-Chefredakteur Stefan Niederwieser (l.) und Herausgeber Thomas Weber (r.).
„Gap“-Chefredakteur Stefan Niederwieser (l.) und Herausgeber Thomas Weber (r.).Elisabeth Els
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Das Kulturmagazin feiert seine 150. Ausgabe, auch wenn es eigentlich die 149. ist und aus dem Musikheft von einst ein Popkulturbiotop geworden ist.

Am Anfang war das G. So könnte man die Geschichte von „The Gap“ beginnen, die in Gmünd anfing und in der Gänserndorf eine Rolle spielt. Wobei die Gründung, wie Thomas Heher sagt, „eigentlich ziemlich banal war“. Manuel Fronhofer und er, beide Waldviertler aus dem Bezirk Gmünd, wurden von den Betreibern eines Kulturvereins gefragt, ob sie in einem geplanten Magazin eine Musikkolumne schreiben würden. Fronhofer und Heher hatten zu dem Zeitpunkt bereits Konzerte veranstaltet. Aus der Zusammenarbeit wurde zwar nichts, „dafür haben wir uns gedacht: Wir haben beide Publizistik studiert – machen wir unser eigenes Musikmagazin.“

Voilà, „The Gap“ war geboren. Ein Fanzine in Schwarz-Weiß, kopiert im Keller der Wiener WU, mit einer Auflage von tausend Stück und Blur auf dem Cover. Das war im Jänner 1997. 2015 erscheint „The Gap“ zwar immer noch als Heft (in Farbe, Auflage: 40.000 Stück), aber um das Magazin allein geht es längst nicht mehr. Und auch nicht mehr nur um Musik. Das Jubiläumsheft mit der Nummer 150 ziert zwar das (gezeichnete) Hinterteil von Musiker Andreas Gabalier, die Themenstrecke beschäftigt sich aber mit Homosexualität und Gesellschaftspolitik.

Zudem ist „The Gap“ mit dem Begriff Magazin nicht mehr richtig zu fassen. Das Heft ist auch eine Visitenkarte für vieles, was rund herum passiert. Zum Medienhaus Monopol, das zirka vor elf Jahren für „The Gap“ gegründet wurde, gehören Geschäftszweige wie Content Marketing oder Campaigning – das Heft selbst, immer noch gratis verteilt, ist kein (gutes) Geschäft. Darüber hinaus ist „The Gap“ in vergangenen 18Jahren aber auch etwas anderes geworden: etwas Vages, aber Interessantes. Eine Keimzelle für ein Popkulturbiotop, das sich von Wieden aus durch die Stadt zieht. „The Gap“, so formuliert es der Herausgeber Thomas Weber, sei heute „mehr Milieu als Magazin“ – ein Milieu zu dem Fans, Künstler, Veranstalter, Marketingexperten, Journalisten, die bei „The Gap“ angefangen haben, und kreative Geschäftsleute zählen.

Zu dieser Milieuentwicklung hat Gänserndorf sein Scherflein beigetragen hat. Von dort stammen nämlich Weber und Niko Alm. Letzteren kennt man vor allem als Neos-Nationalratsabgeordneten und Pastafari-Anhänger (Stichwort: Nudelsieb). Weber und der zwei Jahre ältere Alm besuchten beide das örtliche Gymnasium und liefen sich später in Wien im Journalismusumfeld wieder über den Weg. Nach dem Umweg über ein gemeinsames Projekt, das iZine wellbuilt, dockte erst Weber, später Alm bei „The Gap“ an. Und zwar zu einem Zeitpunkt – Heher hatte sich schon verabschiedet und kümmerte sich um Pam Records –, als das Magazin eher dahindümpelte.

2001 führte Weber als zweiter Chefredakteur neben Fronhofer einen Relaunch durch. Dabei half Super-Fi, eine Werbeagentur, die von Fronhofer und Alm gegründet wurde. Super-Fi und „The Gap“ bzw. der Monopolverlag waren fortan verbandelt – räumlich, personell. So war Alm, der Geschäftsführer von Super-Fi ist, von 2005 bis 2007 auch „The Gap“-Herausgeber. Kein leichter Job. „Eine Ausgabe habe ich quasi im Alleingang gestemmt“, sagt er. Der Mikromischkonzern, wie man die Melange aus „The Gap“ und Super-Fi selbst nannte, entpuppte sich dabei als fruchtbarer Boden: So stammt Ali Mahlodji, Mitbegründer der populären „Job-Dating-Plattform“ Whatchado, wie Weber erzählt, auch aus dieser Ecke. Aber als Vice international Super-Fi kürzlich übernahm, begann die Entflechtung des Mikromischkonzerns (zur Erinnerung: 2007 bekam Alm die Lizenz für die Österreich-Ausgabe des „Vice“-Magazins). „The Gap“ und Super-Fi logieren zwar immer noch im vierten Bezirk, aber an verschiedenen Adressen. Alm ist zwar nach wie vor an Monopol beteiligt, aber Weber hat seine Anteile an Super-Fi verkauft, und Super-Fi hat sich auch aus der Comrades-Gmbh von „The Gap“-Gründer Heher zurückgezogen, der mehrere Festivals veranstaltet (Waves, Wiener Welle).

Bio, Craft Beer, Kinderparty

Dafür tut sich nun anderweitig Neues: in der Bioecke. Das „Biorama“-Magazin von Monopol übertrifft mit 45.000 Stück die „The Gap“-Auflage und „ist jetzt meine Hauptbeschäftigung“, wie Weber sagt. Gemeinsam stehen „Biorama“ und „The Gap“ hinter dem Craft Beer Festival. Ende August will man ein Stöpselfest für Kinder und Eltern im Wiener WUK organisieren. „Extensions“ nennt Weber solche Veranstaltungen.

Sie spielen eine große Rolle. Ob das künftig noch für das Heft gelten wird, ist offen: „Ich weiß nicht, ob es ,The Gap‘ in fünf Jahren noch gedruckt geben wird“, sagt Weber. Der Schwerpunkt hat sich in Richtung online und Social Media verschoben: „Ich denke schon lang nicht mehr in Ausgaben; meine Kategorien sind spannender Inhalt, Zugriffe, Vermarktung.“ Nachsatz: „Ich weiß, dass das viele nicht gern hören. Aber es bringt nichts, in Schönheit zu sterben.“

Apropos sterben: Die Ausgabe Nr.58 von „The Gap“ starb einen leisen Tod. Sie erschien nie, es wurde mit Nr.59 weitergemacht. Insofern feiert „The Gap“ heute, Freitag, streng genommen seine 149.Ausgabe. Aber diese Ungenauigkeit darf man wohl unter „G“ wie „Geh bitte“ verbuchen.

LEXIKON

„The Gap“ wurde 1997 als Musikmagazin gegründet. Seither hat sich daraus ein Biotop entwickelt, das einerseits die Wiener (Musik-)Szene mit Festen prägt, anderseits Geschäftsfelder wie Kooperationen, Veranstaltungen und Marketing beackert.

Heute, Freitag, feiert das Magazin unter dem etwas irreführenden Titel „150 Jahre ,The Gap‘“ seine 150. Ausgabe mit einer Party in der Grellen Forelle (1090, Spittelauer Lände 12). Mit Actress, Elektro Guzzi, CID RIM, Mavi Phoenix.

www.thegap.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2015)

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