Fernseh-Beobachtungen

ORF-Frühstücksfernsehen: Ein "Happy Birthday" vom Landeshauptmann

ORF-Generaldirektor Wrabetz und der Kärntner Landeshauptmann Kaiser (2. v. re.) beim Geburtstagstorte anschneiden am Feldkirchener Hauptplatz. Links außen: Eva Pölzl, rechts außen: Marco Ventre.
ORF-Generaldirektor Wrabetz und der Kärntner Landeshauptmann Kaiser (2. v. re.) beim Geburtstagstorte anschneiden am Feldkirchener Hauptplatz. Links außen: Eva Pölzl, rechts außen: Marco Ventre.Screenshot der Sendung
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Die ORF-Sendung "Guten Morgen Österreich" bekam zum ersten Geburtstag eine Torte und ein Ständchen – von ORF-Chef Wrabetz und dem Kärntner Landesvater Kaiser persönlich.

Im ORF gab es diese Woche etwas zu feiern. Das Frühstücksfernsehen "Guten Morgen Österreich" (im Folgenden: GMÖ)* wurde ein Jahr alt und das Sendungsteam zelebrierte das Jubiläum in der Kärntner Gemeinde Feldkirchen mit prominenten Gratulanten. Das Konzept der Sendung ist ja, dass die Moderatoren mit ihrem mobilen Studio jede Woche durch ein anderes Bundesland fahren, jeden Morgen aus einer anderen Gemeinde oder Stadt senden. Gegen Ende der dreistündigen Geburtstagssendung am Mittwoch, also kurz vor 9 Uhr Früh, überbrachten sowohl der ORF-Generaldirektor und Erfinder der Sendung, Alexander Wrabetz, als auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser ihre Glückwünsche.

Moderatorin Eva Pölzl begrüßte den ORF-Chef als "ganz besonderen Gast" und wollte von ihm wissen: "Welchen Eindruck gewinnen Sie heute von unserer Sendung?" Wrabetz: "Ich bin überwältigend (sic!). Schon wenn man hierher fährt, ein herrlicher Frühlingsmorgen und dann, wenn man hier auf den Platz kommt mit tausenden Feldkirchnern und Feldkirchnerinnen. Unglaublich." Der Moderatorin entkam angesichts dieser profunden Aussage nur ein "Toll, gell?". In Nuancen gehaltvoller fiel die Antwort von "Soko Kitzbühel"-Darstellerin Julia Cencig aus: Die Sendung gefalle ihr wegen des Lokalkolorits und die Uhrzeit sei angenehm, weil sie da meistens gerade mit den Kindern frühstücke.

"Es ist nicht zu spät, das Glück kommt und geht"

Aber zurück zum ORF-Chef, der nun in Kurzfassung die Entstehungsgeschichte der vor einem Jahr von ihm erdachten Sendung darlegte: "Die Idee war: wir haben ein so wunderbares Land, mit so einer großen Vielfalt, aber wir, der ORF, machen sehr viel aus Wien heraus. Mit der Sendung in der Früh gehen wir einmal in jeden Ort des Landes, um zu sehen: das sind tolle Städte, tolle Gemeinden, da gibt es tolle Menschen." Für ein "klitzeklares" (Copyright Erwin Pröll) Detail blieb keine Zeit: Dass die Sendung auch auf Wunsch der neun Landeshauptleute und ihrer Vertreter im ORF-Aufsichtsrat erdacht wurde. Letztere bestellten Wrabetz am 9. August 2016 ein drittes Mal zum ORF-Generaldirektor.

Der als "Schlagergott" vorgestellte Bata Illic stand schon bereit für seine Musikeinlage. Auf dem Feldkirchner Hauptplatz gab der fast 80-Jährige ein Medley seiner größten Hits zum Besten - von "Michaela" ("Du bist mein Sonnenschein, lass mich nie mehr allein") bis "Schwarze Madonna" ("Es ist nicht zu spät, das Glück kommt und geht"). Unüberseh- und hörbar ein nicht besonders exakt einstudierter Playback-Auftritt. Dem frühaufstehenden Publikum am Feldkirchner Hauptplatz war das egal, wie an den vereinzelten "Zugabe!"-Rufen zu merken war.

Als würden Kern und Wrabetz der "ZiB 2" gratulieren

Wrabetz, von der Kärntner "Gastfreundschaft" euphorisiert, schilderte danach seine Pläne für GMÖ: "Wir werden in den nächsten Jahren alle Orte Österreichs besuchen und so entsteht schrittweise für alle Österreicher, die in der Früh fernsehen ein Gemälde dieses wunderbaren Landes." Das klang nach einer offiziellen Bestandsgarantie für die als teuer geltende Sendung, denn es dauert geschätzte achteinhalb Jahre, alle Gemeinden Österreichs abzuklappern. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gratulierte "zu einem Jahr Erfolgsstory, zu einem Jahr guter Morgeninformation mit Showanteilen".

Und dann passierte live auf Sendung etwas Bemerkenswertes: Der Chef des öffentlich-rechlichten Rundfunks, der sich immer wieder Kritik ausgesetzt sieht, zu sehr auf Tuchfühlung mit der Politik zu gehen, schnitt mit einem hochrangigen SPÖ-Politiker unter Scherzen (Kaiser: "Die Torte habe ich heute seit drei Uhr Früh gebacken, die Verzierung habe ich dann mit den (sic.) Generaldirektor durchgeführt.") und Lachen die Geburtstagstorte an.

Aber wieso machen die das**? Das ist in etwa so, als würde Wrabetz mit Kanzler Christian Kern den 42. Geburtstag der "ZiB2" mit Torte und Doppel-Interview bei Armin Wolf feiern. Bevor die Gäste, die Moderatoren und die Feldkirchener zusammen ein "Happy Birthday" ("to us" oder "Guten Morgen" - beides war vereinzelt zu hören) anstimmten, stellte Moderator Marco Ventre dem Landeshauptmann eine Frage, die vielleicht die Bestandsgarantie der Sendung untermauern sollte: "Wie wichtig ist es, dass das ORF-Fernsehen in einem Bundesland unterwegs ist und die Schönheiten herzeigt?" Und der antwortete schwärmerisch: "Ich halte das für ganz wichtig. Es ist ein wesentlicher Aspekt, dass die Menschen den ORF sehen und spüren können und sehen, hier sind Menschen am Werk, die das Beste wollen. Es ist daher ein großer Erfolg für den ORF, für Kärnten und für Österreich."

Bleibt die Frage: Was haben die Landesstudios eigentlich bisher gemacht?

*Fußnote 1: Die Sendung "Guten Morgen Österreich" hat den ORF2-Marktanteil in der Zielgruppe 12+ von elf Prozent (im Jahresschnitt 2015) im vergangenen Jahr auf 26,5 Prozent gesteigert. Der ORF rechnete in dieser Woche vor, dass die Sendung pro Woche 680.000 Personen erreicht, im Schnitt sind pro Tag 300.000 unterschiedliche Personen dabei. Die Sendung kostete im ersten Jahr rund 8,7 Millionen Euro, laut ORF wurden die ersten 244 Sendungen um 12.000 Euro pro Stunde produziert.

**Fußnote 2: Aus dem ORF hört man, dass sich Mitarbeiter erwartet hätten, dass ihr Chef auf den teils faktisch falschen "Gagenreport" der "Kronen Zeitung" reagiert. Dass er zwar Zeit für die GMÖ-Feierlichkeiten findet, aber nicht öffentlich zum Transparenzstreit um die ORF-Gehälter Stellung nimmt, stößt auf dem Küniglberg auf Kritik.

>> Das Geburtstagsständchen zum Nachschauen in der TVthek

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