In "Wehrlos" müssen die "Tatort"-Kommissare Eisner und Fellner in den eigenen Reihen ermitteln - und geraten einander gehörig in die Haare.
Unsere Wertung für diesen "Tatort":
8 von 10 Punkten
Worum geht's in "Wehrlos"?
Ein kleiner Einbrecher stolpert auf der Flucht beinahe über eine Leiche. Bei dem Erschossenen handelt es sich um den Leiter der Polizeischule Siak. Im Obergeschoß liegt die Frau des Toten: Genickbruch. Zunächst sieht alles nach Mord und Selbstmord aus. Aber warum haben dann die Nachbarn nicht nur einen, sondern zwei Schüsse gehört? Das Projektil jedenfalls ist nicht im freien Handel erhältlich, was Moritz Eisner und Bibi Fellner zwingt, heikle Ermittlungen in den eigenen Reihen aufzunehmen...
Worum geht's noch?
Es geht um ein frauen- und menschenverachtendes System innerhalb des Polizeiapparats, wo Kommissarin Fellner erst als "Pupperl" tituliert und dann wegen einer Annonce auf einem Dating-Portal gemobbt wird. Ein Ausbildner und Vorgesetzter greift einer jungen Frau ungeniert an den Busen, einzig und allein, weil er die Macht hat, das zu tun - und das ist bei weitem nicht alles. Es geht auch um diese dumme Eifersucht, die Freundschaften und Beziehungen zerstört - und die Leben kosten kann. Und es geht um die Frage, ob einer noch die Moral für sich in Anspruch nehmen kann, wenn er sich als Richter aufspielt.
Wer ermittelt?
Die Wiener "Tatort"-Kommissare Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), der diesmal seinen bereits 40. Fall löst, sind ja längst fast so wie ein altes Ehepaar: Sie haben eine enge, aber platonische Beziehung mit Verschleißerscheinungen. Bibi fühlt sich allein gelassen, weil Moritz jetzt eine Freundin (Ruht Brauer-Kvam als Samy) hat und ihr das auch noch verschweigt. Moritz macht, was den Fall anlangt, wieder auf Gutmensch (sein Chef nennt das "Jesuslatschen-Dramatik") und stellt sich Bibi gegenüber stur. Es wird gezankt und gekeift und sich wieder versöhnt. Altes Ehepaar eben.
Was gefällt?
Bibi Fellner wird von einer Frau geküsst: Ein Missverständnis, also nichts von großer Bedeutung - aber immerhin! Kollege Schimpf hingegen macht wieder einmal alles falsch und wird von seiner "Anschi", die er gerade noch als braves Hausmütterchen gelobt hat, rausgeschmissen: Thomas Stipsits läuft als tollpatschiger und naiver "Fredo", wie ihn alle nennen, zu tragikomischer Höchstform auf. Als Newcomerin überzeugt Julia Franz Richter, die - frisch von der Schauspielschule - als Polizeischülerin Katja eine gute, wenn auch tragische Figur macht.
Was gefällt noch?
Regisseur Christopher Schier kühlt die Schlüsselmomente dieses "Tatort" auf den emotionalen Gefrierpunkt: Man hat das Gefühl, dass es ständig regnet. Grün-gelbes Licht verstärkt das Unbehagen. Lange Einstellungen mit nur einer Kamera machen die Momente von Bibi Fellners Einsamkeit besonders eindringlich. Atmosphärisch ist da viel gelungen. Bei aller Tragik ist im Wiener "Tatort" aber auch immer Platz für ein bisschen Humor.
Wo hakt's?
Es wird nicht ganz ersichtlich, warum Bibi Fellner wegen Eisners neuer Flamme dermaßen überreagiert. Aber vielleicht sollte nur einfach einmal wieder klipp und klar gemacht werden, dass da sicher nichts läuft zwischen Fellner und Eisner. Nie gelaufen ist. Und nie laufen wird. Falls es je so war: Jetzt hat sich's jedenfalls ausgeknistert!