Jubiläum

40 Jahre „Falter“: Als Armin Thurnher zum Mikro griff

Chefredakteur Florian Klenk (li.) und Herausgeber Armin Thurnher vor der Ottakringer Brauerei. Das 40er-Fest des „Falter“ am Freitagabend war ausverkauft.
Chefredakteur Florian Klenk (li.) und Herausgeber Armin Thurnher vor der Ottakringer Brauerei. Das 40er-Fest des „Falter“ am Freitagabend war ausverkauft.Clemens Fabry
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Die Wiener Stadtzeitung lud Freitagabend in die Ottakringer Brauerei. Herausgeber Armin Thurnher sang mit Ernst Molden und Willi Resetarits, es gratulierten musikalisch Nino aus Wien, Mavi Phoenix und einige Wiener (Polit)Prominenz.

„Falter“-Leser lassen sich, grob gesagt, in drei Kategorien einteilen. Die einen lesen die Zeitung, um sich zu ärgern. Weil sie prinzipiell anderer Meinung als Herausgeber Armin Thurnher und der Rest der Redaktion sind. Die anderen lesen ihn, um sich bestätigt zu fühlen. Und dann gibt es immer noch und sogar in diesen digitalen Zeiten die dritten, die den „Falter“ in erster Linie kaufen und lesen, um zu wissen, was in Wien wann wo los ist. Kurz gesagt: nur wegen des Programms.

Im Schnitt einmal in zehn Jahren taucht der „Falter“ selbst als Gastgeber in seinem gedruckten Wochenprogramm auf. Und das bedeutet dann, er hat etwas zu feiern. So wie am gestrigen Freitag, an dem das Verlagshaus zur öffentlichen Geburtstagsfeier in die Ottakringer Brauerei lud. (Vor zehn Jahren, zum 30er, wurde dort sogar noch zwei Tage lang gefeiert.)

Der „Falter“ wurde im Mai 40, weshalb er seit dem Frühsommer nicht aus dem Feiern herauskommt. Begonnen hat es Anfang Juni mit der Eröffnung der Ausstellung „Es lebe der Widerstand“ im Wien-Museum, für die die Redaktion ihr Fotoarchiv geöffnet hat – den Abschluss der Feierlichkeiten bildete nun eine große Party für Mitarbeiter, Freunde und Leser.

Die 2500 Karten für den Konzertabend in der Ottakringer Brauerei waren ziemlich schnell futsch, der Abend restlich ausverkauft. Unter den Gästen zu sehen waren unter anderem Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, SPÖ-Langzeitpolitiker Josef Cap,  der Wiener SPÖ-Politiker Christian Oxonitsch, der Grüne Christoph Chorherr, "Standard"-Vorstand Alexander Mitteräcker und der neue Kolumnist des Blattes, Peter Michael Lingens. Die "Falter"-Mitarbeiter und freien Autoren, von Autorin Doris Knecht über "Presse"-Kolumnistin Sibylle Hamann waren gut an den dunkelblauen T-Shirts mit dem Feier-Motto "Immer wider fad" zu erkennen, die sie trugen. Das große Publikumsinteresse hat, so viel Ehrlichkeit darf sein, nicht allein mit dem Gastgeber, sondern auch mit den musikalischen Gästen zu tun, die zwei Bühnen bespielten. Denn diese bildeten einen ziemlich feinen Querschnitt des aktuellen heimischen Pop-Geschehens.

Thurnher auf der Bühne mit Resetarits und Molden

Den Anfang machten Willi Resetarits und Ernst Molden, die dem Herausgeber Armin Thurnher  zuerst das Lied „Droben im Norden“ widmeten (wegen seinem Zweitwohnsitz im Waldviertel) und später mit ihm gemeinsam das eingängige "Awarakadawara" anstimmten. Es folgten das Großmütterchen Hatz & Klok Salon-Orchester auf der großen und die junge Rapperin Mavi Phoenix auf der etwas kleineren Bühne zu ebener Erde. Die 22-jährige Oberösterreicherin hat ihren rasanten Aufstieg auch dem „Falter“ zu verdanken. Denn die Zeitung ist neben ihrer politischen Berichterstattung und den vielen größeren und kleineren Investigativgeschichten vor allem für ihr feines Gespür bekannt, was das nächste große Ding im Pop oder der Stadt ist.

Willi Resetarits und Ernst Molden eröffneten die 40er-Party für den "Falter".
Willi Resetarits und Ernst Molden eröffneten die 40er-Party für den "Falter". Wallner

Auch der Nino aus Wien ist einer dieser Sänger, der durch die regelmäßige Betrachtung des „Falter“ irgendwann in anderen Medien Beachtung fand – weshalb auch er persönlich gratulieren sollte. Ein bisserl Wienerliedlastig war die Party, was beim Fest einer Wiener Stadtzeitung erlaubt sein muss. Erst zu späterer Stunde wurde es elektronischer, mit dem Duo Ogris Debris und dem St. Pöltener Solomusiker Wandl.

Der „Falter“ schenkte sich und seinen Lesern nicht nur dieses Fest, sondern auch ein fast 100 Seiten dickes, von Nina Horaczek redigiertes „Jubiläumsheft“, das der aktuellen Ausgabe am vergangenen Mittwoch beigelegt war (und den Gästen Freitagnacht als Gute-Nacht-Lektüre im Papier-Sackerl mit der Aufschrift "Blablabla" mitgegeben wurde). Darin liefert Armin Thurnher nach 40 Jahren im Geschäft Bekenntnisse über die Schwierigkeiten mit dem Journalismus. Die frei schreibende Kolumnistin Doris Knecht, einst Vizechefredakteurin des Blattes, kehrte für ein paar Tage in die Redaktion zurück und schildert in einer langen Reportage, wie es ihr dabei ergangen ist.

Der „Falter“ ist mit 40 für viele ein Berufsjugendlicher, weil er zwar erwachsen geworden ist, sich aber immer noch ganz gut in der Club- und Popszene auskennt. Erwachsen heißt auch gewachsen. Florian Klenk, seit 2012 Chefredakteur, hat die Stadtzeitung schärfer und relevanter gemacht, die Leserzahlen deutlich ausgebaut. (Mit 1,8 Prozent Reichweite in der Media-Analyse, dem besten Wert in der „Falter“-Geschichte.) Wobei er mitunter als unermüdlicher, beinah manischer Chef mit leichtem Hang zur Eitelkeit gilt, der seine Kollegen zumindest in diesem Sommer häufig auch aus seinem Urlaub mit Aufträgen auf Trab gehalten hat, wie immer wieder in der Hauspost der Zeitung zu lesen war. Aber gut, war ja auch ein Wahlkampf- und Jubiläums-Vorbereitungssommer. Da fällt abschalten schwerer.

In der Sonderausgabe zum 40er gratulierten natürlich auch die üblichen Verdächtigen vom Bundespräsident abwärts mit mehr oder weniger originellen Gratulationen. Kabarettist Florian Scheuba gestand, dass der „Falter“ für ihn längst „das bessere ,Profil‘“ ist. Peter Pilz gelingt es sogar in den Grußworten auf 30 Zeilen, mehr von sich als vom „Falter“ zu sprechen (Er wäre jedenfalls gern öfter "Dolm" der Woche, damit ihn die "Krone" noch mehr mag.). Und Stefanie Sargnagel, die regelmäßig für das Blatt zeichnet, macht ein Geständnis, das unmöglich wahr sein kann: „Meine Eltern haben sich über eine Kontaktanzeige im ,Falter‘ kennengelernt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2017)

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