TV-Notiz

"Vorstadtweiber"-Finale: Diese Party endet in Handschellen

Das letzte Puzzleteil für die Verhaftung von Joachim Schnitzler fanden Caro (Martina Ebm), Vanessa (Hilde Dalik), Nicoletta (Nina Proll) und Jörg (Thomas Mraz) (v. li.) beim Werkstatt-Werner (2. v. li., Christoph Grissemann).
Das letzte Puzzleteil für die Verhaftung von Joachim Schnitzler fanden Caro (Martina Ebm), Vanessa (Hilde Dalik), Nicoletta (Nina Proll) und Jörg (Thomas Mraz) (v. li.) beim Werkstatt-Werner (2. v. li., Christoph Grissemann). ORF/Petro Domenigg
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Die letzte Folge der dritten Staffel brachte zwei weitere Mordopfer, einen Abschied auf Zeit und den Beginn einer neuen, alten Liebe. Das personifizierte Böse wurde - vorerst - besiegt. Und wir haben uns eine Pause verdient.

Spoiler: Wir verraten im Folgenden Teile der letzten Folge der dritten Staffel.

Uli Brée hat mir geschrieben. Wie schon vor zwei Jahren erst gegen Ende der aktuellen Staffel und dieses Episodenblogs. Damals war der Schöpfer der "Vorstadtweiber", nun ja, sagen wir ein wenig irritiert, dass ich hier Woche für Woche, Folge für Folge Handlungsstränge und Eigenschaften einzelner Charaktere zerpflücke oder auf ihre Logik abklopfe. Als ob fiktionale Stoffe immer einer Handlung folgen müssten. Müssen sie nicht, aber wenn sie Fragen aufwerfen, wird man die doch stellen dürfen? Erfreulich ist, dass Uli Brées Zeilen diesmal deutlich weniger zornig wirken. Er wies mich nur daraufhin, dass ich im Text zu Episode 29 "schon wieder" von "Drehbuchautoren" geschrieben hatte. Dabei schreibe er die Bücher "in der Einzahl, nicht in der Mehrzahl". Für diese Pluralisierung seiner Person und die Kategorie "Fremdschäm-Moment", die ihm offenbar auch wenig behagt, will ich mich entschuldigen. Ersteres nehme ich zurück, Zweiteres aber nicht. Denn Fremdschämen gehört zum Wiener wie das Raunzen und in der Vorstadt im Fernsehen tut man beides. Eigentlich die perfekte Überleitung zum Finale der Staffel, das heute Abend über die Bühne ging.

Passiert ist in dieser Folge Folgendes: 
Dr. Rudi Bragana (Thomas Stipsits), der Anwalt, hat seinen aufwendig geplanten 40. Geburtstag gefeiert und das Fest wurde, wie von ihm gewünscht, denkwürdig. Es kam dort mitten auf der Tanzfläche zum Showdown. Joachim Schnitzler (Philipp Hochmair) war mit Pistole in der Hand und Walli (Maria Köstlinger) als Geisel im Schlepptau aufgekreuzt und hatte die gesamte Vorstadt in Angst und Schrecken versetzt. Davor war der Mann, der nichts mehr zu verlieren hat, Amok gelaufen. Hatte Papa Pudschedl (Branko Samarovski) und Journalist Dieter West (Michael Dangl) umgebracht, sich die Millionen vom Hotel-Verkauf von Milo (Murathan Muslu) zurück geholt und seine Schwester gefesselt in der Sauna seines Hauses geparkt. Half alles nichts, am Ende musste er aufgeben. Die Giftgalle der Vorstadt wurde ruhig gestellt, in Handschellen lag er mitten im Geburtstags-Festsaal auf dem Boden. Der Kriminalfall, der uns seit der ersten Staffel begleitet hat, ist endlich gelöst. Schnitzler ist als personifiziertes Böses der Vorstadt vorerst besiegt. Und sonst? Hadi (Bernhard Schir) und Vanessa (Hilde Dalik) haben sich endgültig getrennt, sie zieht mit ihren beiden Kindern vorübergehend zum schmierigen Werkstatt-Werner (Christoph Grissemann). Und Walli gibt endlich nach und will mit Simon (Johannes Nussbaum) eine Beziehung versuchen ("Wehe, Du betrügst mich mit einer Älteren"). Caro (Martina Ebm) fällt erstmals als "Mama" ihrer Tochter um den Hals. Die weiß längst davon, dass ihre Tante eigentlich ihre echte Mama ist und freut sich, dass sie "jetzt zwei Mamas" hat. Ach ja, und Nicoletta (Nina Proll) kommt aus dem Gefängnis frei.

Vanessa (Hilde Dalik) zieht nach der Trennung von Hadi zum Werkstatt-Werner (Christoph Grissemann).
Vanessa (Hilde Dalik) zieht nach der Trennung von Hadi zum Werkstatt-Werner (Christoph Grissemann). ORF/Petro Domenigg

Überraschung der Episode: Gab es keine. Die Knoten wurden gelöst. Vieles davon war erwartbar. Dass zum Schluss, kurz vor der Lösung des Falles, noch zwei weitere Menschen ihr Leben lassen mussten, ist gar dick aufgetragen für eine Hauptabendsendung. Aber der Zuseher wurde auf diese Weise wieder einmal daran erinnert, dass man gerade jenen Mitmenschen besonders nachweint, die einem zeitlebens das Leben schwer gemacht haben. Sowohl Jörg Pudschedl (Thomas Mraz) als auch seine Mutter Franziska (Susi Stach) nimmt der Tod ihres grantigen Papas sichtlich mit. Auch Oma Anna (Gertraud Roll) und ihr Sohn Georg Schneider (Juergen Maurer) entdecken für einen Augenblick so etwas wie Gefühle füreinander. Beim Abschied am Flughafen verdrücken sie beinahe ein paar Tränen. "Das wirkt ja, als hätten wir einen Rest Anstand in uns", kommentiert Anna die Szene trocken. Sie bricht mit ihrem Enkelsohn David, den sie vorher allzu leicht aus der Umarmung von Anwältin Tina Mossaheb (Proschat Madani) gelöst hatte, Richtung Indien und zu ihrer Schwiegertochter Maria auf. Georg weiß ja mittlerweile, dass seine Immer-noch-Ehefrau am Leben ist. 

Das ging dann leichter als erwartet. Georg (Juergen Maurer), Anna (Gertrud Roll) und Rudi Bragana (Thomas Stipsits) holen sich Baby David von Anwältin Tina (Proschat Madani) zurück.
Das ging dann leichter als erwartet. Georg (Juergen Maurer), Anna (Gertrud Roll) und Rudi Bragana (Thomas Stipsits) holen sich Baby David von Anwältin Tina (Proschat Madani) zurück. ORF/Petro Domenigg

Fiesling der Folge: Auch keine Überraschung mehr, genau genommen richtig langweilig, aber es ist schon wieder der Schnitzler. Irgendwie tut er einem selbst im Moment seiner finalen Niederlage nicht mehr leid. Dass er Georg - wir erinnern uns: die beiden hatten in der ersten Staffel eine Liaison - einst wirklich geliebt hat, wie er jetzt behauptet, ist nur schwer zu glauben.

Der eine Fremdschäm-Moment: Es ist, so muss man sagen, die Schlussszene. Die Vorstadtfreundinnen Caro, Nicoletta und Walli stehen da nach dem Showdown bei Braganas Geburtstagsfest auf der Straße und reden sich die Situation schön. Walli sagt: "Und, was jetzt?" - "Es wird uns schon nicht fad werden, hoffentlich", entgegnet Nicoletta. Dann kommt das Gespräch auf den neuen Salon von Francesco, von dem Nicoletta noch nichts weiß. Die Drei rätseln, wieso ihr früherer Stammfriseur sich von ihnen distanziert hat. Walli sagt: "Die Leute nehmen sich oft viel zu wichtig." - Und Nicoletta entgegnet: "Dabei gehts doch gar nicht um sie." Sondern? "Um nix." Das wäre ein schöner Abschluss, nur ist diese "Ist doch alles nicht so wichtig"-Attitüde in den vergangenen Folgen immer wieder und zu oft angeklungen. Langsam braucht es einen neuen Schmäh.

Und wie gehts weiter? Seit kurzem wissen wir, dass es eine vierte Staffel der "Vorstadtweiber" geben wird. Regisseurin Sabine Derflinger wird da nicht mehr an Bord sein, aber Mirjam Unger und Harald Sicheritz werden das Drehbuch in Szene setzen. Wie es weitergehen wird, ist reine Spekulation, aber möglich wäre, dass es Georg doch noch mit Rudi Bragana probiert. Vanessa einen Neustart an der Seite von Werner versucht. Hadi sich wirklich einen ganz normalen Job und eine ganz normale Frau sucht. Wobei, halt: Vielleicht wird ja aus seiner Langzeit-Affäre mit Therapeutin Bragana (Nicole Beutler) mehr. Wir hoffen außerdem, dass Maria (Gerti Drassl) in der nächsten Staffel wieder bald aus Indien zurückkommt, denn sie haben wir zuletzt schmerzlich vermisst. Vorher aber haben wir uns eine Vorstadtweiber-Pause verdient. Die Schauspieler ebenso wie die Zuseher. Nur für den Drehbuchautor geht die Arbeit jetzt wieder los. Viel Spaß beim Schreiben, Herr Brée.

Die aktuelle Folge ist sieben Tage in der ORF TVthek abrufbar.

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