Nacktbaden und Automaten-Wurst am "Tatort: München"

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In "Freies Land" müssen die "Tatort"-Kommissare Batic und Leitmayr bei Reichsbürgern in einem kleinen, modrigen Dorf ermitteln - und sind am Ende froh, wieder nach München zurückkehren zu dürfen.

Unsere Wertung für diesen "Tatort":

8 von 10 Punkten

Worum geht's in "Freies Land"?

Ein junger Mann wird von seiner Mutter tot in der Badewanne gefunden. Kommissar Leitmayr und sein Kollege Batic glauben nicht an Suizid - und fahren aufs Land, wo der Tote als Mitglied sogenannter Reichsbürger gelebt hatte. Doch dort stoßen die beiden auf eine Mauer aus Ablehnung und Schweigen.

Worum geht‘s noch?

Dass das "freie Land", das ein Grüppchen Reichsbürger in einem Areal in einer aussterbenden Gegend proklamiert hat, von einem blickdichten Zaun, massiven Ketten und abweisenden Warnschildern gesichert ist, sagt eigentlich schon alles: Während sich die im besten Fall gutgläubigen (oft aber fanatischen, auch brutalen) Anhänger der Bewegung einreden, sie würden sich durch den Umzug hinter die Mauern von den Bürden als deutsche Bürger befreit, müssen sie sich als Reichsbürger erst recht an strikte Regeln halten. Nicht zufällig fühlt man sich an eine Sekte erinnert: Wer nicht spurt, muss sich vor der Meute der angeblich Gleichgesinnten fürchten.

Wer ermittelt in "Tatort: München"?

Auch diesmal granteln einander Hauptkommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) und sein Kollege Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) an, aber wenigstens mit Humor: Auf der dreistündigen Fahrt in das verfallende Dorf, wo die Reichsbürger wohnen, gibt's ein musikalisches Kräftemessen zwischen fröhlichem Balkan-Sound (Batic) und wuchtigem Rock (Leitmayr). Die Schwärmerei von den "unendlichen Weiten", die sich "jenseits des S-Bahn-Bereichs" von München auftun, verfliegt aber auch bei Leitmayr im Handumdrehen: Ein staubiges Zimmer, knarrende Betten und Bratwurst aus dem Automaten machen den beiden die Arbeit schwer. Einziger Lichtblick: Nacktbaden im See bei Mondschein.

Was gefällt?

Die lange Fahrt führt Batic und Leitmayr in eine Welt, die ihnen fremd ist: Die Dorfgendarmen fahren gemütlich mit der Vespa umher (wenn sie nicht gerade im Gasthaus "Zum alten Eber" Schweinsbraten essen) und zeigen bei den Ermittlungen keinerlei Initiative (nach dem Motto: Nachher seid ihr wieder in München, aber wir müssen mit den schwer bewaffneten Reichsbürgern weiter auskommen). Schön ist, was sich Regisseur Andreas Kleinert und Kameramann Johann Feindt alles einfallen lassen: Die Tafel der Reichsbürger mit dem Guru in der Mitte sieht vom Setting her nicht nur aus wie Da Vincis "Das letzte Abendmahl" - es ist es auch für einen von ihnen. Die Kamera fängt den Moder des Dorfes ein (Häkelgardinen und eine geschlossene Tankstelle), auch die oberflächliche Fürsorge der Reichsbürger füreinander (was blubbert im Kochtopf?) und die appetithemmende Wirkung einer Automaten-Wurst. Diese "endlosen Weiten" werden inszeniert wie in einem trostlosen amerikanischen Roadmovie.

Wo hakt's?

Als Landbewohner könnte man schon ein bisschen beleidigt sein: Ein marodes Dorf mit faulen Gendarmen, abweisenden Bewohnern und - pardon! - kackenden Kühen. So klischeehaft stellt man sich innerhalb des Münchner S-Bahn-Bereichs die "unendlichen Weiten" da draußen vor!

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