In "Die letzte Wiesn" ermitteln die Münchner Kommissare am Oktoberfest. In einem Bierzelt werden wiederholt Gäste vergiftet.
Unsere Wertung für diesen "Tatort":
4 von 5 Punkten.
Worum geht's in "Die letzte Wiesn"?
„O'zapft is“ in München, die damit einhergehenden modischen Erscheinungen und dicke Schädel vom Bierkonsum halten auch in der Münchner Mordkommission Einzug. Kommissar Ivo Batic findet das toll und hat seine drei kroatischen Tanten zum Oktoberfest eingeladen. Kollege Franz Leitmayr hält das gar nicht aus, er verzieht sich nach Italien. Kaum angekommen, wird er wieder zurückkommandiert. Ein Bierzeltbesucher wurde tot aufgefunden, ausgerechnet Leitmayr hat ihn auf dem Weg in den Urlaub als letzter lebend gesehen. Er schien völlig betrunken zu sein – wie sich herausstellt, war es aber nicht der Alkohol, sondern die tödliche Droge GHB, die ihn ins Delirium geschickt hat. Die GHB-Fälle häufen sich, alle Opfer wurden im selben Wiesn-Zelt vergiftet. Dort hängt zudem der Haussegen schief, die Wirtin und der Restaurantleiter sind verfeindet, und die Polizisten, die jetzt jeden Gast durchsuchen, können sie auch nicht gut gebrauchen. Die Frage bleibt: Wer kippt den Gästen hier Gift ins Bier?
Worum geht's wirklich?
Eine Date-Rape-Droge, eine Handvoll Verdächtige, ein Erbstreit im Bierzeltmilieu, eine Familientragödie, und dazwischen ein paar Alkoholleichen: Der Fall besteht aus mehreren Handlungssträngen, die nur langsam zusammen führen. Im Zentrum steht das Oktoberfest als ambivalentes Kulturprodukt: für die einen Partydestination, für die anderen prekärer Arbeitsplatz. Hier wird gefeiert und geschlägert, es gibt biergeschwängerte Euphorie, Neid und aufgestaute Aggressionen.
Wer ermittelt?
Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) folgen traditionell jeweils ihren eigenen Spuren, das ist auch in diesem Fall nicht anders. Zusammen führt die beiden Sturköpfe unter anderem Leitmayrs akute Wohnungsnot: Batic gewährt ihm Obdach, nachdem der bei den Ermittlungen seinen Koffer durch die ganze Stadt gezerrt hat. Leitmayr selbst hat seine Wohnung an feierwütige Schwedinnen vermietet - was für amüsante Szenen sorgt, die man in einer amerikanischen Teenager-Partykomödie erwarten würde. Und für einen netten selbstreferentiellen Seitenhieb: Da schleicht sich Leitmayr nachts ins eigene Schlafzimmer, wo ein Haufen komatöser Adoleszenten liegt. Und was tönt aus dem Fernseher? Die „Tatort“-Titelmelodie ...
Was gefällt?
Burgschauspielerin Mavie Hörbiger als toughe Oktoberfest-Kellnerin und alleinerziehende Mutter mit einem Geheimnis. „70 Euro mit Trinkgeld, bitte“, dialektelt sie im Dirndl der Festgemeinde entgegen – und haut einem anzüglichen Gast gleich einmal eine runter. Sie verrät dem Kommissar Leitmayr, der wohl ein bisschen in sie verliebt ist, auch das Erfolgsgeheimnis ihres Zeltes, das gerne von Trinktouristen bevölkert wird: „Nach dem zweiten Maß hab ich denen nur noch Alkoholfreies verkauft. Die vertragen ja nix und speiben mir sonst alles voll.“
Wo hakt's?
„Die letzte Wiesn“ ist ein in sich runder, spannender Fall. Ein bisschen konstruiert wird’s, wenn sich ein hoher Beamter aus dem Innenministerium einschaltet, der der Polizei nahelegt, das GHB-Zelt nicht zu schließen und etwas von Wirtschaftsfaktor Oktoberfest faselt. Ästhetisch wird dem Oktoberfest als bayerischer Sin City nachgespürt: Das Bild fährt wiederholt über Massen von Männern, die auf Tischen tanzen, und Frauen, die die Brüste unter ihren Dirndl-Blusen entblößen. Die Kamera imitiert dabei mit Tiefenschärfe-Effekten das Sichtfeld Sturzbetrunkener. Das kann man mögen oder nicht. Der Fall bleibt trotz flüssiger Kameraführung solide.