In "Auge um Auge" wird ein Versicherungsmann erschossen. Ein haarsträubender Fall in einem Anti-Macho-"Tatort" mit den Kommissarinnen Sieland und Gorniak.
Unsere Wertung für diesen "Tatort":
7,5 von 10 Punkten
Worum geht's in "Auge um Auge"?
Der Abteilungsleiter einer Versicherung wird erschossen. Am hellichten Tag - in seinem Büro. Ein Mann ohne Familie und Freunde. Und offenbar auch ohne Gewissen. Denn in der Versicherung gibt es die Direktive, so wenig wie möglich an die Kunden auszubezahlen - auch an jene, die z.B. durch einen Unfall arbeitsunfähig geworden sind. Wer also hat sich da gerächt? Einer der Kollegen (unter denen ständig die Angst umgeht, weil ein harter Personalsparplan gilt) oder ein Versicherungsnehmer, der nicht zu seinem Recht kam?
Worum geht's noch?
Am Kommissariat Dresden werden ganz flockig Genderfragen abgehandelt: Kommissarin Sieland hat einen nichtsnutzigen Freund, der ihr die ganze Arbeit überlässt - und mit dem sie sich trotzdem wieder versöhnt hat (wobei nur sie weiß, was sie an ihm so toll findet). Sieland und Kollegin Gorniak sind ein toughes Team: Zwei unterschiedliche Frauen, die sich völlig selbstverständlich in einer vermeintlichen Männerdomäne bewegen. Kommissariatsleiter Schnabl hat da als Macho der alten Schule nur vermeintlich die Hosen an (die Damen lassen ihn in dem Glauben, so arbeitet sich's gleich viel besser).
Wer ermittelt?
Alwara Höfels ist Oberkommissarin Henni Sieland: Die Frau mit dem Engelsgesicht hat einen Gang wie ein Sheriff und zertrümmert ihr Glückskeks mit einem Fausthieb. Auch persönlich ist sie gespalten - einerseits selbstbewusste Ermittlerin, im Umgang mit dem Lover aber viel zu lasch. Karin Hanczewski spielt Sielands Kollegin Karin Gorniak. Sie ist loyal und fokussiert und muss sich nach Dienstschluss auf ihre Rolle als alleinerziehende Mutter konzentrieren. Der Chef (genial: Martin Brambach als Kommissariatsleiter Michael Schnabel) ist ja nicht selten ein Klotz am Bein, diesmal aber mit seiner originellen Befragungstechnik sehr hilfreich.
Was gefällt?
Highlight der Episode ist die Szene, in der sich Schnabel den verdächtigen Konkurrenten des Ermordeten in einem amüsanten Mann-zu-Mann-Gespräch zur Brust nimmt. Der Gute merkt gar nicht, wie er ausgefragt wird, während sich die beiden schenkelklopfend über den Toten, die Kollegen und die Normen lustig machen: "Früher durfte man überall rauchen und dachte, schwul sein ist abartig. Heute ist es genau umgekehrt." Ja, so ist er, der Schnabel: Von gestern. Ein Macho. Und sehr amüsant.
Wo hakt's?
Der Mordfall ist so was von haarsträubend! Aber der Dresden-"Tatort" hat einen feinen Witz und eine charmante Anti-Macho-Attitüde - da kann man ein Auge zudrücken.