"Im Zentrum": Was Heidi Klum mit dem Kopftuchverbot zu tun hat

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Im ORF zog Johann Gudenus am Sonntag die übliche argumentatorische Schneise von "Zwangs-Beschneidungen" zu Ehrenmorden.

"Ach, Frau Hübsch! Ach, Frau Hübsch!", rief Autorin Zana Ramadani der Kopftuchverbot-Gegnerin Khola Maryam Hübsch am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" immer wieder. Moderator Tarek Leitner hatte Mühe, die Diskutanten beim Thema zu halten: dem Kopftuchverbot für Mädchen in Volksschulen und Kindergärten.

Dabei waren sich die beiden Frauen in vielen Dingen einig, auch wenn das weder die sozialen Wurzeln der zwei Diskutantinnen, noch  Ramadanis regelmäßiges Augenrollen über Aussagen von Hübsch vermuten ließ. In Sachen Feminismus und "Sexualisierung von Kinderzimmern" hatten sie prinzipiell den gleichen Standpunkt - jedoch folgerten sie daraus Unterschiedliches. Hübsch - sie saß übrigens mit Kopftuch im Studio - fragte, warum man nicht Barbie-Puppen verbiete, wenn es tatsächlich darum ginge, gegen die Unterdrückung der Frau und Geschlechterseparierung vorzugehen. Schließlich würden diese ein entsprechendes Frauenbild bewerben. Ein Kopftuchverbot für Kinder sei folglich nicht konsequent.

"Ach Frau Hübsch, ach Frau Hübsch!", rief Buch-Autorin Ramadani um gleich auf ihr jüngstes Werk zu sprechen zu kommen. Darin sei ausführlich von Initiativen der laizistischen Gesellschaft gegen Geschlechterungleichheit zu lesen. "Ich habe mich selbst mit Heidi Klum angelegt", versuchte die ehemalige Femen-Aktivistin zu überzeugen. Man war sich also eigentlich einig. Nur bediente man unterschiedliche Seiten der Diskussion.

Durch die unterhaltsame Auseinandersetzung der beiden deutschen Frauen - eine Vertreterin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich sagte offenbar ab - wurden auch die Männer in der Runde gefordert. Neben einem - ebenfalls deutschen - Soziologen (Kenan Güngör) waren auch zwei Österreicher zu Gast. Die Herren Johann Gudenus, Vizechef der FPÖ, und Neos-Chef Mathias Strolz spielten das übliche politische Ping-Pong.

"Lassen sie mich ein bisschen weiter ausholen", sagte Gudenus gleich auf seine Einstiegsfrage. Und zog die übliche argumentatorische Schneise von "Zwangs-Beschneidungen" zu Ehrenmorden. Das Wort "Islam" heiße nicht "Friede", das Wort "Islam" heiße Unterdrückung und Unterwerfung. Eine ernsthafte Auseinandersetzung über den politischen Islam blieb aber aus. Gibt es Zahlen, wie viele Kinder betroffen sind? Man brauche sich ja "nur mit offenen Augen im rot-grünen Wien sich vor Volksschulen stellen, um zu sehen, was da Sache ist", so Gudenus. Und auf Nachfrage: "Das wird erst noch erhoben."

Was die Sendung erneut zeigte: Das Kopftuchverbot kann von so vielen Seiten diskutiert werden, dass es schwer ist, in einer Stunde Sendungszeit einen großen Bogen zu schlagen: Patriarchismus, Islam als Religion, Islam als Politik, Unterdrückung der Frau, Sexualisierung der Frau, Bildung als Chance, Integrationsmaßnahmen, Zuwanderung, Laizismus. Und: Dass gegenteilige Ansichten zum Kopftuchverbot auch in ähnlichen gesellschaftlichen Zielen wurzeln können.

>> Die Sendung in der ORF TVThek

P.S. Die schönsten Momente einer "Im Zentrum"-Sendung für Körpersprache-Beobachter  sind die schier ewig dauernden Close-Ups der Gäste zu Beginn, während der Moderator versucht, deren Position in wenige Sätze zu packen. Wenn die Gäste nicht wissen, ob sie lächeln, grüßen oder ernsthaft schauen sollen - und vor allem: direkt in die Kamera.

P.P.S: Auf Sozialen Medien sorgt ein kleiner Fehler der ORF-Redaktion in der TV-Thek für Spott. Alle Studiogäste werden in der Video-Beschreibung genannt, nur Khola Maryam Hübsch nicht, die sich (mit Kopftuch) gegen das Kopftuchverbot für jüngere Mädchen einsetzt.

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