Rabl-Stadler: „Es geht nur um Köpfe. Das macht mich wahnsinnig“

Die Salzburger Festspielpräsidentin und ORF-Stiftungsrätin sieht nach erster Durchsicht nichts Neues im Konzept. Wrabetz fehle der Wille.

Die Presse: Was halten Sie vom nun vorliegenden ORF-Zukunftskonzept?

Helga Rabl-Stadler: In diesen 400 Seiten ist der aktuelle Stand der ORF-Diskussion zusammengefasst. Nur stand schon in Wrabetz' Bewerbung 2006: „Flache Hierarchien, schnelles Entscheiden, fächerübergreifendes Handeln.“ Wer hat ihn bisher gehindert, das zu tun?

Nun aber stehen konkrete Sparmaßnahmen.

Rabl-Stadler: Das höre ich seit zehn Jahren. Dem Alleingeschäftsführer fehlen Fantasie und Wille zum Gestalten. Ich bin die Erste, die dafür eintritt, dem ORF die Gebührenbefreiung rückzuerstatten. Aber erst muss auch im ORF der Sparwille konkret bewiesen werden, z.B. Abschaffung der zusätzlichen Familienbeihilfen für ORF-Mitarbeiter.

Woran machen Sie fest, Wrabetz fehle der Wille?

Rabl-Stadler: Dass Wrabetz sagt: „Wie groß der ORF ist, bestimmt die Politik.“ Wenn ich als Festspielpräsidentin sage: „Wie viel Kunst die Festspiele machen, sagt mir die Politik“, bin ich am falschen Platz. Wrabetz ist gut in der Analyse, aber ohne Mut zur Therapie.

Nun gelten Sie allerdings als ÖVP-nahe Stiftungsrätin, Wrabetz als SPÖ-nah...

Rabl-Stadler: Ja, ich bin von der Regierung nominiert, war einst VP-Politikerin. Aber es ist unfair, Kritik an der ORF-Führung als politisch motiviert zu vernadern. Ob wir Langthaler, Braun oder Rabl heißen, wir waren und sind alle betroffen vom Mangel an Strategie.

Was halten Sie vom geplatzten Lizenzverkauf?

Rabl-Stadler: Die Verwertung des ORF-Archivs hätte längst passieren müssen, es ist eine Schatzgrube. So was gibt man doch nicht am 23.Dezember an einen befreundeten Unternehmer. Das schreibt man aus, um es zum Höchstpreis weiterzuverkaufen.

Was passiert nun in der Stiftungsratssitzung?

Rabl-Stadler: Für Strategie und Finanzplan gibt es keinen Antrag zur Abstimmung! Und skeptisch macht mich, dass Wrabetz zuletzt erleichtert schien, weil am 2. April nichts Besonderes passiert. Jetzt müsste er doch sofort das Pouvoir wollen, um handeln zu können! Jedes weitere Monat ohne nötige Reformschritte vergrößert die Probleme. Wrabetz freut sich offenbar über die Atempause.

Weil ihn die Politik bald absetzen könnte?

Rabl-Stadler:Fatal: Die Politiker verwechseln Medienpolitik mit Personalpolitik. Es geht nur um Köpfe. Das macht mich wahnsinnig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2009)

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