Peter Klien: Die Grenzen des „Reporters ohne Grenzen“

Peter Klien
Peter Klien(c) APA/Rabenhof/Ingo Pertramer
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ORF-Satiriker Peter Klien zeigt im Rabenhof ein Best-of seiner politischen Videointerviews. Das will nicht recht zünden.

Ganz zum Schluss sagt Peter Klien einen Satz, der das Dilemma seines ersten Bühnenprogramms unterstreicht: „Das Video geht noch eine Weile weiter, aber Sie können sich das ja auf YouTube ansehen.“ Es ist das zehnte Video an diesem Abend im Rabenhof, bis auf zwei, drei Ausnahmen waren sie bereits bekannt. Sie haben Peter Klien innerhalb weniger Monate – zu Recht – bekannt gemacht. Im April 2016, kurz nach dem ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl war er erstmals als „Reporter ohne Grenzen“ bei „Willkommen Österreich“ in der ORF-eins-Dienstagnacht zu sehen mit einer Reportage von der Wahlnacht. Die frechen, gespielt seriösen Interviews mit Politikern und ihren Anhängern machten ihn so rasant berühmt, auch dank des Internets, dass sich längst auch FPÖ-Anhänger, sonst dem „roten Drecksfunk“ gegenüber eher ablehnend eingestellt, um Selfies mit ihm anstellen.

Den früheren niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll fragt er ernst, ob ihm „die Bürgernähe oder die Bürgerinnennähe“ wichtiger sei. Vom Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, will er am Rande einer Pressekonferenz wissen: „Muss ein guter Roter stark im Abgang sein?“ Und Prinz Charles ruft er bei dessen Wien-Besuch zu: „Do you have a king size bed?“ Was der Prinz so kommentierte: „What a ridiculous question.“ Diese kleinen Szenen sind brillant, Klien ist der Meister der improvisierten Fragen, dem man gerne dabei zusieht, wie er andere in rhetorische Fallen lockt.

„Heim ins Reich oder reich ins Heim“

Aber reicht das für einen ganzen Theaterabend? Kliens erste Bühnenshow entpuppt sich als kommentiertes Best-of seiner Videoreportagen (Regie: Nadja Maleh). Angereichert mit Erzählungen von den Dreharbeiten und (wenig) bisher unveröffentlichtem Material. Etwa jene Sequenz, die der ORF nicht ausstrahlen wollte. Klien fragte Ursula Stenzel (FPÖ), was für ihre Lebensplanung wichtiger sei: „Heim ins Reich oder reich ins Heim?“ Ihre Reaktion: „Frechheit!“

Dazwischen zeigt Klien orthografisch fragwürdige Jubel- und Hasskommentare zu seinen Videos und erzählt, wie er im ORF zum „Reporter ohne Grenzen“ wurde: Ein Onkel habe ihm dort einen Job verschafft, obwohl der ORF eigentlich „niemanden mehr brauchen konnte“. Er habe dann in der Redaktion der Mittags-„ZiB“ so sinnbefreite Dinge getan wie den Augenabstand der Abgeordneten zu messen. In Wahrheit wurde Klien vom „Willkommen Österreich“-Duo Grissemann/Stermann entdeckt und gefördert. Im Rabenhof geben sie denn auch die gewohnt charmanten Einpeitscher aus dem Off: „Mit seiner Brille sieht er gut, aber leider nicht gut aus.“

Peter Kliens Programm ist der etwas zu ehrgeizige Versuch, eine gut funktionierende TV-Satire auf Bühnenlänge zu dehnen. Ähnliches versuchte kürzlich das Team der „Tagespresse“, das zwar eine sehr passable Webseite macht, aber nur eine durchschnittliche Kabarett- und TV-Show schaffte. Dem „Reporter ohne Grenzen“ kann man dabei zusehen, wie er an seine Grenzen stößt. Übel nimmt man ihm das nicht. Klien hat mit seinen Politikerinterviews etwas Neues für das österreichische Fernsehen geschaffen. Für die Bühne sollte er sich etwas komplett anderes überlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2017)

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