Volx/Margareten: So funktioniert Paartherapie im Theater

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Noch ein Beziehungsstück: Aurelina Bücher inszenierte „Anderthalb Stunden zu spät“ von Gérald Sibleyras: kunstlos, packend, ideal in Lautstärke und Tempo und mit überzeugenden Schauspielern.

Deine Sorgen und dem Rothschild sein Geld! Könnte man sagen. Laurence und Pierre bewohnen eine 220 Quadratmeter große Dachgeschoßwohnung am Stephansplatz. Er ist Steueranwalt, sie Malerin. Die drei Kinder sind aus dem Haus. Das Paar macht sich zum Feiern nach Döbling auf: Pierre hat seinem Partner seine Anteile an der Kanzlei verkauft, zu einem sehr guten Preis, ein Ruhestand im Luxus winkt. Golfspielen, Kreuzfahrten? Doch Laurence ruft: „Stopp!“ Sie fühlt sich einsam, alt und überflüssig: „Es kommt mir vor, als stünde ich am Rand eines gewaltigen Abgrundes. Ich weiß nicht mehr, wohin, ich hab Angst.“

Dies ist der Auftakt zu „Anderthalb Stunden zu spät“ von Gérald Sibleyras, zu sehen im Volx/Margareten, nicht unbedingt der Ort für noble Beziehungsstücke. Aurelina Bücher, 1982 in Wiesbaden geboren, hat das Erfolgsdrama aus Frankreich, das prima vista wenig Komödienstoff bietet, inszeniert. Ein Strindberg könnte sich jetzt hier abspielen oder eine „Wunderübung“, der „Gott des Gemetzels“ könnte herabdonnern, auch „Suff“ wäre eine Möglichkeit. Aber nichts davon findet statt. „Anderthalb Stunden zu spät“ ist nicht besonders abgründig oder effektvoll, sondern aus dem bürgerlichen Eheleben gegriffen. Pierre steht im Mantel im Wohnzimmer, sie hat schon ihren Seidenanzug an, und plötzlich geht nichts mehr. „Ich hab das Bedürfnis, mit dir zu reden“, sagt sie. Und er wird zunächst sehr ungehalten, schimpft und warnt, sie werde in eine Depression fallen, wenn sie sich nicht zusammenreiße.

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