Salzburger Festspiele: Ein Lehrer voller Zweifel in „Jugend ohne Gott“

In einem Mordfall versucht der Lehrer (Jörg Hartmann) Schüler T. (Moritz Gottwald, r.) zu enttarnen und Schüler Z. (Laurenz Laufenberg, l.) zu entlasten.
In einem Mordfall versucht der Lehrer (Jörg Hartmann) Schüler T. (Moritz Gottwald, r.) zu enttarnen und Schüler Z. (Laurenz Laufenberg, l.) zu entlasten. Arno Declair
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Thomas Ostermeier hat den kurzen Roman Ödön von Horváths gewissenhaft dramatisiert: eine intelligent arrangierte Geduldsprobe im Salzburger Landestheater. Das brillante Ensemble wurde frenetisch beklatscht.

Ein Mann mittleren Alters tritt an die Rampe des Salzburger Landestheaters. Er wendet sich an die Technik: „Hallo, könnte ich ein kleines bisschen mehr Licht auf der Bühne haben?“ Schon sieht man ihn deutlicher: T-Shirt, Hose und Schuhe in Schwarz. Offensichtlich ist er aus der Gegenwart. So kleiden sich viele Künstler heute. Er sagt: „Was verdanke ich Adolf Hitler? Diese Frage ist leicht mit einem Wort zu beantworten. ,Alles‘!“ Es folgt eine Lobeshymne auf den deutschen Diktator. Stolz und Dankbarkeit demonstriert der Mann.

Wer spricht denn hier? Ist das ein Neo-Nazi, der zu einer Demonstration will? Seine Rede klingt beängstigend danach. Doch dieser Text stammt, wie man schließlich am Sonntag bei der Premiere der Salzburger Festspiele erfährt, von einem deutschen Arbeiter. Horst R. aus Braunschweig hat Mitte der Dreißigerjahre solch einen Brief an den „geliebten Führer“ verfasst. Regisseur Thomas Ostermeier hat ihn als Rahmen für seine Inszenierung der Dramatisierung von Ödön von Horváths kurzem Roman „Jugend ohne Gott“ verwendet. Das Buch erschien 1937 im Exil, es erregte mit seiner treffsicheren Kritik am Totalitären einiges Aufsehen.

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