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Ebba Forsberg: Leonard Cohen auf der Spur

Ebba Forsberg, Meisterin der Herbheit.
Ebba Forsberg, Meisterin der Herbheit.(c) ebbaforsberg.com
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Die schwedische Sängerin Ebba Forsberg versteht sich auf coole Interpretationen von Altherren-Songs. „Take My Waltz“, jetzt auf Englisch erschienen, ist ein Glücksfall.

„Hallelujah“ ist das wohl am meiste strapazierte Lied Leonard Cohens. Es gibt es in tausenden Versionen, nicht alle davon sind von anheimelnder Eleganz. Dieses einst auch von John Cale, Nick Cave und Rufus Wainwright makellos interpretierte Lied ist leider längst zu so etwas wie einem leeren Weihnachtsritual geworden. Für ernstzunehmende Künstler muss es also einen guten Grund geben, sich dieses vielfach missbrauchten Lieds anzunehmen. Ebba Forsberg hat einen: Sie weiß, sie kann selbst solchen Hadern etwas Neues abgewinnen. Einerseits weil ihre Stimme wohltuende Bitterstoffe enthält, dann aber auch, weil ihre Arrangements auf dezente Art originell sind.

Bob Dylan, Tom Waits

In ausgelatschen Spuren dahinzuwackeln, das ist nicht der Stil der 1964 in Stockholm geborenen Sängerin. Sie ist schließlich eine Meisterin nuancierter Herbheit. Und so wundert es nicht, dass sie im Lauf der Jahre bereits Bob Dylan, Tom Waits und eben Leonard Cohen mit jeweils einem Album gehuldigt hat.

„Take My Waltz – Ebba Forsberg sings Leonard Cohen“ wurde bereits 2009 als „Ta Min Vals“ in schwedischer Sprache veröffentlicht. Jetzt liegt es in englischer Sprache vor und überzeugt in seinem klugen Changieren zwischen Üppigkeit und Kargheit.

Die erfrischende Coolness dieses Gesangs adelt vor allem neuere Cohen-Songs wie „Here It Is“, das von „Ten New Songs“ stammt, jenem Album, das Cohen 2001 nach Verlassen des Klosters auf Mount Baldy gemeinsam mit Sharon Robinson gemacht hat. Forsberg glückt es nicht bloß, sich dieses weltmüde Lied anzuverwandeln. Es klingt, man getraut es sich kaum einzugestehen, besser als das Original. Besonders der Refrain, der selten schöne, depressive Wurschtigkeit abstrahlt, geht unter die Haut: „May everyone live and everyone die. Hello my love, and, my love goodbye.“ Forsbergs Stimme gelingt es hier fast mühelos das Stoische und das Beseelte zu fusionieren.

E. M. Ciorans berühmtes Diktum, dass „fast alle Werke mit abgenutzten Einfällen, angelernten Zuckungen und zusammengestohlenen Ekstasen“ gemacht sind, passt geradezu ideal auf die Vielzahl an Coverversionen, die Cohen zugedacht wurden. Nicht einmal Horrorgestalten wie Helene Fischer und Xavier Naidoo nahmen bekanntlich davon Abstand. Hörenswerte Ausnahmen gibt es allemal. Aber von Frauen eingespielte Hommagen an Cohen in Albumlänge sind doch eine Seltenheit.

Das liegt vielleicht daran, dass sich viele seiner Liedszenarien einer explizit männlichen Perspektive bedienen. Letztlich aber erhöht gerade dies den Liebreiz. Wenn helle Frauenstimmen die selben Wege gehen wie Cohens schwermütiger Bariton, dann beginnt ein neues Abenteuer.

Jennifer Warnes, eine aus Seattle stammende Sängerin, die mit Cohen in den Siebzigerjahren zweimal als Backgroundsängerin auf Tournee ging und an sechs seiner Alben im Studio mitwirkte, war die erste, die so eine Hommage auf Albumlänge wagte. Ihr 1986 aufgenommenes „Famous Blue Raincoat“, das mit „Joan of Arc“ sogar ein Duett mit dem Meister enthielt, wurde ein durchschlagender Erfolg. Die ebenfalls aus Seattle stammende Folksängerin Judy Collins nahm „Sings Leonard Cohen“ erst 2004 auf. Dabei war es Collins, die 1966 als erste überhaupt den späteren Welthit „Suzanne“ des damals noch völlig obskuren Leonard Cohen gecovert hat. Er nahm das Lied erst ein Jahr später auf. Die in Dublin geborene, irische Jazzsängerin Christine Tobin war damals noch ein kleines Mädchen. Auf ihrem 2014 entstandenen Album „A Thousand Kisses Deep“ verwandelt sie Cohens spartanischen Folk in avancierten Jazz. Der Gefahr sinnentleerter, sportlicher Scats wich sie elegant mit an Miles Davis gemahnenden Cool-Jazz-Arrangements aus.

Angejazzte Instrumentierung

Auch Forsberg tändelt mit angejazzten Instrumentierungen. Die kunstvolle Zögerlichkeit mit der sie „Dance Me To The End Of Love“ singt, hebt sich angenehm von der hochtourigen Geläufigkeit ab, mit der solche Ohrwürmer normal interpretiert werden. Und wem dieses so wunderbar kühle „Take My Waltz“ behagt, der ist auch mit „Om Jag Lämnar Dig“ bestens bedient, Forsbergs forscher Wanderung durch Tom-Waits-Klassiker von „Soldier's Things“ bis hin zu „Long Way Home“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2017)

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