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Österreichische Band Leyya mit neuem Album "Sauna": Hier sind alle Töne nackt

Sophie Lindinger und Marco Kleebauer kommen beide aus Eferding: „Wir haben uns getroffen, weil wir ähnliche Musik gehört haben. Das reicht schon. Es ist selten genug, dass man in Eferding einen halbwegs gleichgesinnten Menschen findet.“
Sophie Lindinger und Marco Kleebauer kommen beide aus Eferding: „Wir haben uns getroffen, weil wir ähnliche Musik gehört haben. Das reicht schon. Es ist selten genug, dass man in Eferding einen halbwegs gleichgesinnten Menschen findet.“(c) Meyrem Bulucek
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Das Duo Leyya, für viele die heimische Band der Stunde, bringt sein zweites Album, „Sauna“, heraus. Darauf mischen sich exotische Instrumente mit durchaus kuriosen Sounds.

Das Diktiergerät, mit dem „Die Presse“ zum Interview mit der österreichischen Band Leyya antrat, war für diese Zwecke klar überqualifiziert – was sich darin zeigte, dass die beiden Musiker, Sophie Lindinger und Marco Kleebauer, das Modell sofort wieder erkannten. Von eigenen Aufnahmen nämlich. Lindinger hatte damit in Thailand Rauschkulissen aufgenommen, die es in bearbeiteter Form auch auf das neue Album, „Sauna“, geschafft haben: Stimmengewirr, das tiefe, dumpfe Wummern eines Boots, kleine Kinder, die auf Plastikcontainern Schlagzeug spielen. „Das ist unser kreativer Ansatz“, sagt Kleebauer. „Sounds aus dem Internet runterladen kann jeder. Wir nehmen individuelle Sounds selbst auf.“

Dass Leyya, Gewinner des letzten FM4-Awards im Rahmen der Amadeus-Verleihung und laut Schweizer Rundfunk „der zurzeit beste österreichische Musikexport“, keine Scheu haben, kuriose Geräusche und exotische Instrumente in ihre Musik einfließen zu lassen, bewiesen sie schon auf früheren Nummern. Da wird dann schon einmal eine Kastagnette aus gefrorenem Brot, elektronisch verfremdet, als Schnipp-Sound eingesetzt: geschehen in dem Song „Brando“ des ersten Albums, „Spanish Disco“. „Wir haben beim Produzieren Hunger bekommen“, erzählt Kleebauer. Der Versuch, einen tiefgekühlten Laib Brot zu halbieren, scheiterte aber: Es gelang ihm lediglich, einen Spalt in den harten Laib zu ritzen, woraufhin sich die beiden noch verbundenen Hälften geräuschvoll aneinanderklappen ließen.

Sitarklänge: Ja darf man denn das?

Auf „Sauna“ ist nun inmitten einer multiinstrumentalen Klangpalette auch ein Sitarton zu hören: Inspiriert u. a. von den Beatles, die früh indische Elemente in die Popmusik integriert haben, faszinieren auch Leyya die Klangwelten östlicher Musik. Ob es für eine österreichische Band akzeptabel ist, sich den Klang einer indischen Laute „anzueignen“, darüber haben sie lang nachgedacht: „Wir haben extremen Respekt vor anderen Kulturen.“ Letztlich fanden sie die Lösung im nackten Ton. „Was ist der Unterschied zwischen einem Türklinkensound und einem Sitarton? Sound ist Sound.“

In diesem Sinn ist auch der Titel des zweiten Albums zu verstehen, das am 26. Jänner veröffentlicht wird. „In einer Sauna kommen Leute zusammen. Keiner hat was an“, sagt Lindinger. „Man kann nicht sagen, wo wer herkommt. Jeder ist gleich in seiner Nacktheit.“ Auch Klänge sind hier gleichwertig, sobald ihre kulturelle Bedeutung abgestreift wurde. Sie alle finden auf „Sauna“ in sphärischen Harmonien zusammen, legen sich über raffinierte Beats und unter Lindingers zerbrechliche Stimme. Dass man dabei ins Schwitzen kommt, sei nicht unerwünscht; mit einer anderen Sauna-Assoziation, der von Wellness nämlich, haben die Musiker so ihre liebe Not. „Ich habe immer gesagt: ,Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass jemand unsere Lieder beim Massieren auflegt wie Flötenmusik‘“, sagt Kleebauer. Mittlerweile sieht er das nicht mehr ganz so streng: „Musik ist auch zum Abschalten da. Es darf auch einmal plätschern.“

Nicht „nur“ Sängerin

Kennengelernt haben sich die beiden in der gemeinsamen Heimat, der oberösterreichischen Kleinstadt Eferding. „Wir haben uns getroffen, weil wir ähnliche Musik gehört haben. Das reicht schon. Es ist selten genug, dass man in Eferding einen halbwegs gleichgesinnten Menschen findet.“ Sie spielte Gitarre und Klavier, er Schlagzeug, sie interessierte sich für Songwriting, er für Experimentelles, beide nahmen sie schon im Kindesalter Musik auf: am elterlichen PC oder mittels Webcam, die mit einem Tuch verhüllt wurde – es ging schließlich nur um den Ton. Schon mit elf kombinierten sie ihre musikalischen Ambitionen („Elektropop fühlte sich damals noch neu, frisch an“), später zogen sie nach Wien, um ernsthaft Musik zu machen.

Ihre Songs produzieren sie gemeinsam – wovon viele in der Musikbranche nicht gleich ausgehen, wie Lindinger erzählt: „Mir passiert es oft, dass ich ,halt die Sängerin bin‘ und ,halt nicht mehr kann‘. Wenn es um die Produktion oder das Songwriting geht, wenden sich viele automatisch an den Marco.“ Solche Zuschreibungen ärgern die beiden, im Video zur Single „Zoo“ spielen sie daher mit den Geschlechterkonventionen: Da „singt“ ein völlig verschwitzter Kleebauer scheinbar mit Frauenstimme, während Lindinger, schön melancholisch dreinblickend, diverse Instrumente bedient. Auch für ihn kam dies einem Befreiungsschlag gleich, immerhin hätten auch Produzenten mit Vorurteilen zu kämpfen: „Ihnen wird nachgesagt, dass sie nur ihr Handwerk machen und emotional kalt sind. Aber wir machen beides: Sie produziert, und ich habe auch ab und zu ein Gefühl in mir, das ich ausdrücken will.“

„Sauna“. Das zweite Album von Leyya erscheint am 26. Jänner. Zuvor spielen sie am Samstag, 20. 1., beim FM4-Geburtstagsfest in der Ottakringer Brauerei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2018)

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